Mohamed Mohumed läuft über 1.500 Meter auf Platz eins der Europa-Rangliste

Wenn Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund) auf der Bahn richtig Vollgas gibt, springt meist für ihn eine neue persönliche Bestzeit heraus. Beim Track-Meeting am Sonntag in Sonsbeck steigerte der 21-jährige Dortmunder über 1.500 Meter seine Freiluftbestzeit von 3:46,50 Minuten auf erstklassige 3:38,83 Minuten und befindet sich damit auf Platz eins der aktuellen europäischen Bestenliste.

Mohamed Mohumed unterstrich bei seiner starken Vorstellung, dass er während der Corona-Zwangspause nichts von seinem Leistungsvermögen eingebüßt hat. Mit seinem Sonsbecker Rennen knüpfte der Schützling von Pierre Ayadi erfolgreich an die Hallensaison an, in der er am 25. Januar vor heimischer Kulisse seine Hallenbestzeit auf 3:40,01 Minuten verbesserte und damit die Hallen-WM-Norm lediglich um eine Hundertstelsekunde verfehlte.

Erst zwei Tage vor der Veranstaltung in Sonsbeck war Mohamed Mohumed zusammen mit seinen Teamkollegen aus einem dreiwöchigen Höhentrainingslager in St. Moritz zurückgekehrt. „Ich habe mich super frisch gefühlt. Wenn ich aus der Höhe komme, muss ich sofort auf die Bahn. Ich habe mit dieser schnellen Abfolge bereits im vergangenen Jahr sehr gute Erfahrungen gemacht, als ich direkt nach unserer Rückkehr aus dem Trainingslager in Südafrika am 3. Februar in der Helmut-Körnig-Halle über 1.500 Meter 3:46,87 Minuten lief. Solch eine kurze zeitliche Aufeinanderfolge befolgen ja auch die meisten weltbesten Mittel- und Langstreckler", erläutert Mohamed Mohumed.

Der deutsche U20-Rekordler im Zehn-Kilometer-Straßenlauf bedankte sich nach dem Lauf in Sonsbeck vor allem bei seinem Teamkollegen Steffen Baxheinrich, der für ihn bis 1.000 Meter (Zwischenzeit 2:27:00 Min.) Tempo machte. „Steffen hat seine Aufgabe vorbildlich gelöst. Einen besseren Pacemaker kann man sich nicht wünschen", betont Mohamed Mohumed.

Nach seiner schnellen Hallenzeit und seinem starken Auftritt von Sonsbeck liegt die Vermutung nahe, dass der 21-jährige Dortmunder seinen Schwerpunkt in Zukunft auf die 1.500-Meter-Distanz legt, doch er kann diese Spekulationen nicht bestätigen: „Ich werde in dieser Saison sicherlich noch einige Male über 1.500 Meter starten, doch das hängt vornehmlich damit zusammen, dass es in den kommenden Monaten wahrscheinlich zu wenig gute Startgelegenheiten über 5.000 Meter oder 10.000 Meter geben wird.“

Nie über Motivationsprobleme geklagt

Die Corona bedingte Zwangspause hat Mohamed Mohumed vorübergehend ausgebremst, aber nicht aufgehalten. Trotz fehlender Wettkämpfe hat er nie über Motivationsprobleme geklagt. Er blickte vielmehr immer nach vorn: „Ich hätte mir natürlich einen anderen Saisonverlauf gewünscht, aber ich bin noch jung. Die Ziele, die ich mir ursprünglich für dieses Jahr vorgenommen habe, kann ich auch noch 2021 verwirklichen.“

Enttäuscht ist er lediglich, dass die Leichtathletik-Europameisterschaften, die vom 25. bis 30. August in Paris stattfinden sollten, abgesagt wurden. „Eine Qualifikation für diese Titelkämpfe hätte ich mir schon zugetraut. Geliebäugelt hatte ich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio. Deren Verschiebung finde ich für mich jedoch nicht ganz so schlimm, denn nun habe ich ein Jahr mehr Zeit, mich auf dieses große Ziel vorzubereiten", betont der aufstrebende Nachwuchs-Langstreckler.

Mohamed Mohumed hat bereits einen Blick in den Terminkalender 2021 geworfen. Dort kommen für ihn fünf internationale Leichtathletik-Highlights in Frage - vorausgesetzt, dass Corona im kommenden Jahr kein Thema mehr ist. Vier von ihnen hat er bereits in die nähere Auswahl gezogen: Die Hallen-Europameisterschaften in Torun (Polen), die U23-Europameisterschaften in Bergen (Norwegen), die Olympischen Spiele in Tokio und die Cross-Europameisterschaften in Tallinn (Estland).

Trotz seiner schnellen 1.500-Meter-Zeiten in der Halle und jetzt im Freien möchte der Dortmunder, der noch Bestzeiten von 1:51,00 Minuten über 800 Meter, 7:59,14 Minuten über 3.000 Meter, 13:54,35 Minuten über 5.000 Meter, 29:04,21 Minuten über 10.000 Meter und 29:58 Minuten im Zehn-Kilometer-Straßenlauf hat, in Zukunft seinen Schwerpunkt auf die 5.000-Meter- und 10.000-Meter-Distanz legen, denn diese Strecken liegen ihm am meisten, und sie lassen sich für ihn im Training auch gut miteinander kombinieren. „Allerdings werde ich weiterhin meine Schnelligkeit pflegen, denn alle Top-Langstreckler verfügen auch über gute 1.500-Meter-Zeiten", weiß Mohamed Mohumed, für den längere Straßenläufe zurzeit noch kein Thema sind.

Früher Fußball gespielt

Der selbstbewusste Mittel- und Langstreckler, der in Deutschland geboren wurde, ist außergewöhnlich ehrgeizig, fleißig und diszipliniert. Darüber hinaus bringt er jede Menge Talent mit. Dieses ließ er schon in der Schule erkennen, als er in allen Jahrgangsstufen über 1.000 Meter mit Abstand der Schnellste war. Aufgefallen durch seine enorme Ausdauer war Mohamed Mohumed bereits als Fußballer bei der DJK VfL Willich, bei der er als Offensivspieler von den gegnerischen Mannschaften kaum zu stoppen war. Im Sommer 2015 wechselte er zur Leichtathletik, weil er spürte, dass er in dieser Sportart die größere sportliche Perspektive hat. Und seine innere Stimme täuschte ihn nicht.

Nach einem Aufbautraining von knapp einem Jahr verblüffte der Laufnovize 2016 im Alter von 17 Jahren mit 1:51,00 Minuten über 800 Meter und 3:48,99 Minuten über 1.500 Meter. Auch international machte er nach kurzer Zeit bereits auf sein großes Talent aufmerksam, als er bei den U18-Europameisterschaften in Tiflis (Georgien) mit seinem vierten Rang über 3.000 Meter in 8:23,14 Minuten überraschte. Lediglich 2,8 Sekunden fehlten ihm an „Bronze“. Ein Glanzstück lieferte „Mo“, wie seine Freunde ihn nennen, in seinem ersten Leichtathletikjahr auch bei den deutschen Jugendmeisterschaften in Mönchengladbach ab, als er in einem Sololauf die keineswegs schwache Konkurrenz in 8:38,17 Minuten nahezu „stehen“ ließ. Diese beiden Top-Leistungen stuft der Dortmunder neben seinem sechsten Platz bei den Cross-Europameisterschaften 2018 in Tilburg (Niederlande) von seinen bisherigen Erfolgen am höchsten ein.

Ende 2016 wechselte der Ex-Fußballer nach Dortmund, wo ihn Pierre Ayadi in seine Obhut nahm. Der Nachwuchsbundestrainer sorgte dafür, dass der U18-EM-Vierte von Tiflis das Dortmunder Goethe-Gymnasium, das zu den wenigen Sport-Gymnasien in NRW zählt, besuchen konnte und einen Platz in dem der Schule angegliederten Internat erhielt.

Erstklassige Sportleistungen und gute Schulnoten schließen sich am Goethe-Gymnasium nicht aus. Mohamed Mohumed, der Ende Mai an dieser Schule das Abitur bestand, konnte zweimal in der Woche am Frühtraining teilnehmen, wurde für Wettkämpfe und Trainingslager freigestellt und hatte mit dem laufenden Lehrer Christof Neuhaus (Marathonbestzeit 2:26:44 Std.) einen äußerst engagierten Ansprechpartner, der mit ihm sogar einige Trainingseinheiten absolvierte und, wenn es nötig war, auch den versäumten Unterrichtsstoff aufarbeitete.

Als großen Vorteil in Dortmund bezeichnet Mohamend Mohumed auch die vorbildliche Zusammenarbeit mit der erfolgreichen Trainingsgruppe von Pierre Ayadi, der unter anderem auch U20-Europameister Elias Schreml, Mittelstreckler Steffen Baxheinrich, die mehrfache deutsche Jugendmeisterin Linn Kleine und Mohameds 17-jähriger Bruder Yassin Mohumed, der inzwischen über 3.000 Meter bei 8:28,97 Minuten angelangt ist, angehören.

Ergänzt wird das optimale Umfeld in Dortmund durch die hervorragende Kooperation mit dem Olympia-Stützpunkt Westfalen/Dortmund und die läuferfreundliche Infrastruktur mit dem Stadion Rote Erde, der Helmut-Körnig-Halle, der neu eröffneten Kunststoffanlage in Dortmund-Hacheney und den zahlreichen attraktiven Laufstrecken rund um den Phoenixsee und in den Wäldern des Dortmunder Südens. „Für junge Athletinnen und Athleten sind das Top-Bedingungen, die jeder, der die Möglichkeit hat, in Anspruch nehmen sollte", rät Mohamed Mohumed, der drei Jahre von der vorbildlichen Förderung profitierte. Nach dem Abitur möchte der Schützling von Pierre Ayadi die optimalen Voraussetzungen in der Westfalenmetropole weiter nutzen und dort auch studieren.

Olympiasieger Mo Farah ist sein großes Vorbild

Die wettkampffreie Zeit hat Mohamed Mohumed, dessen großes Vorbild der zweifache Doppel-Olympiasieger Mo Farah ist, in den letzten vier Monaten genutzt, um sich auf sein Abitur vorzubereiten und weiter fleißig zu trainieren. Der 1,85 Meter große und 67 Kilo schwere Läufer kam bei seinem ausgewogenen Mix aus Ausdauer- und Schnelligkeitstraining auf elf bis 13 Einheiten und auf einen Umfang circa 150 Kilometer in der Woche.

Nun richtet Europas derzeit schnellster 1.500-Meter-Läufer seinen Fokus ganz auf die deutschen Meisterschaften am 8./9. August in Braunschweig: „Ob über 1.500 Meter oder 5.000 Meter - ich bin auf jeden Fall dabei. Solch ein Meisterschaftsrennen ist für mich vor allem im Hinblick auf meine hochgesteckten Ziel im kommenden Jahr sehr wichtig.“

Bei Mohamed Mohamed spürt man, welche Faszination das Laufen auf ihn ausübt. Er verkörpert eine ausgezeichnete Kombination aus Konsequenz und Zielstrebigkeit und verfügt über das richtige Kämpferherz. Seine 1.500-Meter-Zeit von Sonsbeck zeigt, dass er noch über ein großes Entwicklungspotenzial verfügt.