WDR2-Moderator Sven Pistor führte in den Abend ein: „Wenn der Fußball ein Haus wäre, dann wäre das Revierderby die Sonnenterrasse und Rechtsextremismus der finstere Keller“. Wie vielschichtig das Thema ist, machten die anschließenden Vorträge und die Podiumsdiskussion in der Krombacher Erlebniswelt deutlich. Dr. Thomas Pfeiffer vom NRW-Innenministerium, veranschaulichte in seinem kurzen Vortrag Unterschiede und Schnittmengen zwischen Hooligans, Rechtsextremisten und Ultras. Der Rechtsextremismus, so der Verfassungsschützer, versuche das Fußballfeld zu besetzen und eine rechtsextreme „Erlebniswelt“ zu suggerieren. Bestimmte Grundmotive seien in der Szene immer wieder zu beobachten: das Gefühl von Zugehörigkeit, Wertschätzung, Ansehen innerhalb der Gruppe. Wichtig sei daher, auf junge Leute zuzugehen, sie mit dem Thema zu konfrontieren und gleichzeitig deutliche Zeichen in Richtung einer gewaltfreien Fußballkultur zu setzen. Mehr noch: Der Sport solle als Raum der Vielfalt wahrgenommen werden, der den Jugendlichen stets eine demokratische Sichtweise offenhalte. Ausdrücklich ermutigte der Experte die Vereine und Verbände, die Ablehnung von rechtsextremistischem Gedankengut in der eigenen Satzung zu verankern.
Von der praktischen Arbeit der „Ausstiegshilfe“ berichtete Gerd Specht, Leiter des Projekts NinA NRW von RE/init e. V., das junge Menschen seit gut 20 Jahren auf ihrem Weg aus der rechten Szene unterstützt. Oft seien es zunächst viele Alltagsfragen die gelöst werden müssten, bevor danach die ideologische Beratung beginnen könne. Mareike Wilms, Journalistin des Westdeutschen Rundfunks, berichtete von den Arbeiten zur Dokumentation „BVB gegen Rechts – Dortmund und seine ungeliebten Fans“. Trotz aller Programme und Initiativen fehlte es ihr an einer „gesellschaftlichen Lösung“ des Problems Rechtsextremismus. Sehr beeindruckend schilderte abschließend Jan S. seinen persönlichen Weg in und aus der rechtsextremen Szene hinaus. Als Heimkind mit wenigen sozialen Kontakten aufgewachsen, später arbeits- und obdachlos, sei „die Gruppe“ für ihn über Jahre ein Zufluchtsort gewesen. Erst mit der Schwangerschaft seiner Freundin und dem Gefühl, dass er von Freunden wieder „als Mensch gesehen und wertgeschätzt“ werde, sei der Gedanke in ihm gereift, der rechtsextremen Szene endgültig den Rücken zu kehren. Letztlich sei aber auch dies nur mit professioneller Hilfe, teils unter Lebensgefahr und selbst nach Jahren noch unter Einhaltung strenger Sicherheitsvorkehrungen, möglich gewesen.
FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski schlug schließlich thematisch den Bogen in die Verbands- und Vereinsarbeit. „Wir haben das Thema nicht erst seit gestern auf der Agenda und werden es auch künftig noch stärker mit in die Arbeit aufnehmen.“ Ein gutes Beispiel sei das Projekt „TeamUp!“ in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung, das die Vermittlung von Werten im Jugendfußball in den Fokus rückt.
Auch nach gut eineinhalb Stunden war das Thema längst nicht abschließend diskutiert. Dasmachte die Tatsache deutlich, dass auch beim anschließenden Beisammensein in der Braustube noch ausgiebig darüber gesprochen wurde. Einhelliger Tenor: Beim Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sind alle gefordert – von der Basis in den Vereinen bis zur Verbandsspitze.