Fußball setzt Zeichen in der Woche des Respekts: "Verbindende Kraft"

Der Fußball in Nordrhein-Westfalen fühlt sich beim Streben nach Respekt und Fair Play auf den Sportplätzen in die Pflicht genommen. „Der Fußball muss eine verbindende Kraft in unserer Gesellschaft sein“, sagte Hermann Korfmacher, Präsident des Westdeutschen Fußballverbandes (WDFV) bei der großen Podiumsdiskussion, die der WDFV im Rahmen der von der NRW-Landesregierung ausgerufenen „Woche des Respekts“, in Arnsberg veranstaltet hat. Menschen aus vielen Teilen der Gesellschaft fanden sich am 16. November im Bürgerbahnhof Arnsberg ein und stellten das Thema „Respekt“ klar in den Mittelpunkt.

Auf dem Podium konnte Moderator Dr. Niels Lange aus dem WDFV-Präsidium neben Hermann Korfmacher auch Klaus Kaiser (MdL), Oliver Ruhnert (Direktor des FC Schalke 04 Nachwuchsleistungszentrums), Martin Wonik (Vorstand des Landessportbundes NRW), Hans-Josef Vogel (Bürgermeister von Arnsberg) und Gundolf Walaschewski (Präsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen) begrüßen. „Respekt ist keine Handlung, Respekt ist eine Haltung“, stellte Gundolf Walaschewski sogleich fest. Mangelnder Respekt sei, erklärte Walaschewski in Anlehnung an den griechischen Philosophen Sokrates, ein Attentat auf die seelischer Unversehrtheit.

Die Landesregierung NRW hatte für den 14. bis 18. November 2016 die Woche des Respekts ausgerufen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte bereits klar Stellung bezogen: „Wir dürfen nicht zusehen, wie der Respekt immer schwächer wird. Wir brauchen eine Kultur des gelebten Respekts.“ Respekt heutzutage allerdings keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein. Denn das Gegenteil von Respekt – Respektlosigkeit – zeigt sich in der jüngeren Vergangenheit immer öfter und droht zu einer Gefahr für den Zusammenhalt und für die Vielfalt unserer Gesellschaft zu werden.

Michael Lichtnecker, Vorsitzender des Ausschusses für Freizeit und Breitensport beim DFB, hatte zu Beginn der Veranstaltung in Arnsberg mit dem Referat unter der Überschrift „Respekt und Fair-Play im Fußball – Chance oder Widerspruch?“ Impulse gesetzt. Lichtnecker ging auf die Geschichte des Fair-Play-Gedanken eine Erfindung des britischen Adels ein und führte den Bogen bis in die Gegenwart. „Der Schiedsrichter als externe Kontrollinstanz zur Verschärfung der Sanktionen und Effektivierung der sozialen Kontrolle wurde erst um 1870 nötig, als sich der Spielbetrieb auf die unteren Sozialschichten ausdehnte. Bezogen auf das Fair Play - Im Spitzen- und Profisport zumal - heißt dies: je wichtiger das Ergebnis sportlichen Handelns wird, desto schwieriger wird es das Prinzip des Fair Play zu leben“, erklärte Lichtnecker, der auch als Fair-Play Beauftragter und Vorsitzender der Kommission „Gesellschaftliche Herausforderungen“ beim FLVW Zeichen setzt.

Heutzutage seien Menschen auch durch Themen wie Bankenkrise, vermeintlich unsichere Renten oder die Flüchtlingssituation verunsichert. Michael Lichtnecker: „Sport und Politik sitzen in einem Boot: was Demokratietraining als Bildungsauftrag für die Politik bedeutet, heißt für den Sport Fair-Play und Respekt. Für beides sollten wir uns in Zukunft stärker engagieren und dafür auch die Ressourcen bereitstellen. Ein großes Lob möchte ich den Sportorganisationen aussprechen: Beim WDFV wurde eine Stelle für Integration geschaffen, in den drei Landesverbänden hat der LSB NRW je eine halbe Stelle finanziert.“

Wie ist es aber um Fair Play und Respekt auf den Fußballplätzen in NRW bestellt?

Pöbeleien, Beleidigungen bis hin zu Schlägereien bei Amateurpartien bis in die Kreisligen, bestimmen bisweilen die Schlagzeilen. „Oft sind es schon banale Dinge, die zu aggressivem Verhalten auf und neben den Plätzen führen“, sagte Hermann Korfmacher. Der WDFV-Präsident nimmt diesbezüglich die Vereine in der Pflicht mit den Spielern ins Gespräch zu kommen und Regeln festzulegen, an die sich alle Spieler halten müssen. „Es ist unsere Aufgabe, den Spielern die Regeln beizubringen“, erläuterte Hermann Korfmacher.

Der WDFV-Präsident stellte aber ebenso fest, dass sich die Zahl der Spiele, in denen es zu Gewaltausbrüchen kommt, im Promillebereich befindet: „Jede Gewalttat ist eine Gewalttat zu viel. Bundesweit wird bei 1864 Fußballspielen ein Abbruch registriert, über den dann groß berichtet wird. Über die 1863 friedlichen Partien wird nicht gesprochen.“

Mangelndes Fair Play, das sich manchmal auch in Form von Gewalt ausdrückt, sei auch Folge allgemeingesellschaftlicher Entwicklung. Um den Respektgedanken schon bei jungen Fußballerinnen und Fußballern – und deren Eltern – einzubringen, haben Fußballklubs, wie etwa der Bundesligist Schalke 04, einen Leitfaden entwickelt. „Respekt hat für uns eine hohe Bedeutung. In unserem Kodex, der von Spielern oder Eltern unterschrieben werden muss, geht es um Werte, die neben dem sportlichen Erfolg wichtig sind“, erklärte Oliver Ruhnert.

Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass der Sport mit seinen vielen Facetten perfekt geeignet sei, Respekt, Fair-Play und das Miteinander zu vermitteln und zu fördern. „Sport ist eine Integrations-Maschine“, sagte Bürgermeister Hans-Josef Vogel und verwies auf Projekte, mit denen in Arnsberg Flüchtlinge integriert wurden: „Sie sind Teil einer Trainingsgruppe und dann auch Teil einer Stadt.“ Der Landtagsabgeordnete Klaus Kaiser (CDU) verwies auf den Umstand, dass fehlender Respekt kein Fußball-Phänomen sei, sondern leider in der ganzen Gesellschaft, wie auch gegenüber Lehrern oder Rettungskräften auftrete. Martin Wonik war im Namen des LSB NRW dafür, die Respekt-Kampagne nicht auf nur eine Woche zu begrenzen, sondern auf mehrere Jahre anzulegen.

Hermann Korfmacher: Hut ab in der Woche des Respekts.

Viel unternimmt der Fußball schon im Sinne von Respekt und Fair Play, wie etwa durch den Spielbetrieb von Fair-Play-Ligen, Trainier-Schulungen und vieles mehr. Der WDFV hat sich bereits als ausstellender Verband von Spielberechtigungen vor einigen Jahren dafür stark gemacht, dass Flüchtlinge möglichst unbürokratisch Spielberechtigungen ausgestellt werden. „Fußball ist gelebte Integration“, stellte Hermann Korfmacher fest und freute sich zum Abschluss beim Blick auf das Podium und in den Saal: „Wir sind nicht allein.“