FLVW-Zukunftspreis 2019: Das ist der SSV Buer (2. Platz)

Der Zukunftsfaktor lautet „interkultureller Optimismus“: Beim SSV Buer aus Gelsenkirchen sind gesellschaftliche Themen wie Integration und Inklusion keine Worthülsen, sondern werden aktiv auf ganz vielfältige Weise gelebt. Dafür wird der Verein beim FLVW-Zukunftspreis 2019 mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) stellt den Gelsenkirchener Stadtteil-Club an dieser Stelle ausführlich in Text und im Video vor.

Es lief ohnehin alles schon recht rund beim SSV Buer: Ein neues junges Vorstandsteam hatte die Geschäfte übernommen und begann eigene Akzente zu setzen. Der Fokus verschob sich etwas weg vom reinen sportlichen Erfolg, hin zu gesellschaftspolitischen Aufgaben. Eine Inklusionsmannschaft wurde in den Trainingsbetrieb aufgenommen, ebenso wie eine erste Mädchenmannschaft. Binnen drei Jahren wuchs aus diesen Anfängen eine voll integrierte Inklusionsabteilung mit zwei großen Trainingsgruppen und eine Abteilung für Frauen- und Mädchenfußball mit zwei Damen- und drei Mädchenmannschaften. Das traditionelle Pfingstturnier bestand seit mehr als 40 Jahren und trug, wie die vielen anderen Turniere und Veranstaltungen, zu einem lebendigen und familiären Vereinsleben bei.

Weil Integrationsarbeit ohnehin schon immer ein wichtiges Thema im Verein war, das durch die Flüchtlingswelle 2015 nochmal einen besonderen Schub erfahren hatte, wurde im Verein dann die Idee zum „Kick der Kulturen“ geboren. Das gute Miteinander, das aus Prinzip nur in gemischten Mannschaften gepflegt wurde, sollte durch dieses ganz besondere Event eine weitere Inspiration und Vertiefung erfahren. Das Anliegen hinter der Idee war es, das gute Miteinander, das sich täglich im Trainings- und Spielbetrieb sowohl zwischen den Spielern und Mannschaften, wie auch zwischen den Trainern und Betreuern und den mithelfenden Eltern zeigte, auf den Alltag des Stadtteils auszudehnen.

Vielfalt der Kulturen beim Kicken und Kaffee

Auf der 500 Meter langen Kulturmeile bot sich den Aktiven und Gästen, den eingeladenen Nachbarn und Eltern und der erweiterten Vereinsfamilie am Pfingstsonntag schließlich eine bunte Vielfalt musikalischer, tänzerischer, kulinarischer und folkloristischer Highlights einheimischer und fremder Kulturen und machten damit das Pfingstturnier zu einem wahren Pfingsterlebnis: Alle begegneten sich auf Augenhöhe und erlebten in der bunten Vielfalt das menschlich Verbindende.

Klar, dass bei einem solchen Erfolg, der auch in der Gelsenkirchener Stadtgesellschaft große Anerkennung fand, eine Wiederholung in den folgenden Jahren schnell unter Dach und Fach war. Der „Kick der Kulturen“ war denn gleichzeitig auch noch der Kick-Off für ein weiteres regelmäßiges Angebot: Das Café Miteinander, in dem sich die erweiterte Vereinsgemeinschaft nun regelmäßig in der interkulturellen Begegnung üben kann.

"Alle wollen dasselbe für ihre Kinder"

Die positive Entwicklung beim SSV Buer ist natürlich niemandem verborgen geblieben und auch institutionelle und private Förderer und Sponsoren beteiligen sich zahlreich an den vielen kleinen und großen Aktionen und Projekten. Ein Schuhfonds zum Beispiel, der bedürftigen Jugendspielern mit der Spielausstattung unter die Arme greift, das „Miteinander-Feriencamp“ auf der Vereinsanlage, das eine besondere Einladung für junge Neubürger ist oder auch das interkulturelle Nikolausfest, an dem sich die zirka 20 im Verein vertretenen Nationen ebenso selbstverständlich beteiligen wie an der vereinsinternen Halloween-Feier.

Die vielen Anerkennungen sind den Aktiven vom SSV Buer dabei lediglich Bestätigung und Ansporn zum Weitermachen. Das Ziel bleibt das vertiefte, friedliche und freundschaftliche Miteinander im Verein und seiner Nachbarschaft. „Wir sind doch alle gleich und wollen alle dasselbe für unsere Kinder: Dass sie mit Freude aktiv sind, glücklich sind im gemeinsamen Spiel und ein freudvolles Auskommen miteinander haben“, erläutert Andrea Weichert die Philosophie hinter der Erfolgsgeschichte.

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Der Verein
Der SSV Buer ist ein breit aufgestellter Fußballverein, der seine Mannschaften in einen Grundlagenbereich (Inklusion, U6 bis U13), einen Aufbaubereich (U13 bis U15), einen Leistungsbereich (U15 bis U19) und einen Seniorenbereich (2 Damen-, 3 Herrenmannschaften, Alte Herren und Walking Football) einteilt. Die Jugendabteilung hat 450 Mitglieder, der Inklusionsbereich hat 30 Trainingsteilnehmer.

Der Ort
Die ehemalige Landgemeinde Buer wuchs im Zuge des Steinkohlebergbaus zur Großstadt und wurde schließlich 1928 zur Stadt Gelsenkirchen eingemeindet. Buer liegt in der Emscherzone, in der die strukturellen Probleme des Ruhrgebiets wie Arbeitslosigkeit und hoher Migrantenanteil besonders ausgeprägt sind. Ein eigenes Stadtzentrum und die relativ große Entfernung zur Gelsenkirchener Altstadt sorgen für ausgeprägtes Stadtteilbewusstsein, das besonders auf die vielen bekannten Fußballer stolz ist, die hier ihre Heimat haben.

Info: Das ist der FLVW-Zukunftspreis
Der FLVW-Zukunftspreis wurde erstmals im Jahr 2008 vergeben. Die Vielzahl der Teilnehmer und die Vielfalt der Preisträger seither ist beeindruckend. Überdeutlich zeigen sie: Zukunftsentwicklung findet statt und zwar genau da, wo sie gebraucht wird: an der Vereinsbasis. Demografischer Wandel, Strukturwandel und kultureller Wandel – die großen Veränderungsströmungen der Gegenwart treffen in den Vereinen auf Menschen mit Ideen, Erfahrungen, Engagement und Idealismus und bringen sie dazu, beispielgebende Lösungen zu finden. Der Verband möchte das Engagement seiner Vereine fördern und diese anspornen, neue Wege zu gehen. Jährlich prämiert der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) Vereine mit besonders zukunftsweisenden Projekten, die mit einem Preisgeld unterstützt werden.