Ex-Langstrecken-As Harald Norporth feiert seinen 75. Geburtstag

Sein größter Erfolg war ein zweiter Platz. Harald Norpoth (Telgte), der am 22. August seinen 75. Geburtstag feiert, hat zu seiner Glanzzeit weder einen Olympiasieg noch eine Europameisterschaft errungen, doch sein Name ist in der Leichtathletik weiter präsent.

Seine Sternstunde erlebte der Telgter 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio, als er in einem denkwürdigen 5.000m-Finale auf einer vom Regen aufgeweichten Aschenbahn hinter Bob Schul (USA, 13:48,8 Min.) in 13:49,6 Minuten überraschend Silber gewann. Diese Plakette war Deutschlands einzige Läufer-Medaille bei den Spielen in Tokio.

Dieser Erfolg begleitet den hageren Westfalen, der zu seiner besten Zeit bei einer Körperlänge von 1,85m lediglich 60 Kilogramm auf die Waage brachte, ein Leben lang. Dabei hat er auf seiner sportlichen Visitenkarte noch drei Siege beim Europacup 1965 in Stuttgart, 1967 in Kiew und 1970 in Stockholm sowie 16 deutsche Meisterschaften stehen. Dreimal nahm der frühere Weltklasse-Langstreckler an Olympischen Spielen teil. Nach seinem zweiten Platz über 5.000m in Tokio wurde er noch 1968 in Mexiko City Vierter über 1.500m und vier Jahre später in München Sechster über 5.000m. 1966 und 1967 stellte er jeweils Europarekorde über 3.000m und 5.000m auf. Über 2.000m blieb der spindeldürre Telgter 1966 in Hagen mit 4:57,8 Minuten als erster Läufer der Welt unter die Fünf-Minuten-Marke.

Harald Norpoth, der eine 5.000m-Bestzeit von 13:20,6 Minuten (1972) hat, hätte aufgrund seines ungewöhnlichen Talents sicherlich die Möglichkeit, auch heutzutage noch auf internationaler Ebene ganz vorne mitzulaufen, doch er relativiert. „Es ist schwierig, Vergleiche zu stellen, denn man rennt jetzt auf Kunststoff- und nicht mehr wie wir früher auf Aschenbahnen. Darüber hinaus sind die individuelle Förderung sowie die wissenschaftliche und medizinische Begleitung wesentlich besser als zu meiner Zeit. Ich bin früher dagegen meist allein durch die Wälder von Telgte gelaufen und habe mich dort auf wichtige Rennen vorbereitet,“ betont Harald Norpoth.

Die Erfolge des Münsterländers beruhten vor allem auf seinem optimalen Umfeld in Telgte, seiner Bewegungsökonomie, seinem geringen Körpergewicht, seinem taktischen Gespür und seiner Härte gegen sich selbst. Unterstützung erhielt er lediglich von seinen beiden Teamkollegen Franz-Josef Kemper und Wolf-Jochen Schulte-Hillen, mit denen er unter anderem 1966 in der 3x1.000m-Staffel im Rahmen der deutschen Mehrkampfmeisterschaften in Hamm auf einer aufgeweichten Aschenbahn mit 7:01,2 Minuten Weltrekord lief. Auf diese Leistung ist Harald Norpoth besonders stolz, weil sie von drei Läufern erzielt wurden, die nicht zusammengekauft wurden, sondern aus einer Region, dem Münsterland, kamen.

Auch noch Fußball gespielt

Was heutzutage ebenfalls unvorstellbar ist: Der Top-Langstreckler von einst hat parallel zu seinen leichtathletischen Aktivitäten auch noch in Telgte Fußball gespielt und als Spielertrainer in den Olympiajahren 1964 und 1968 alle Meisterschaftsspiele mitgemacht.

Harald Norpoth ist kein Mann, der in der Vergangenheit lebt. Sorgfältig sammelte sein Vater die zahlreichen Zeitungsartikel über die Erfolge seines Sohnes, doch er wirft kaum noch einen Blick in die Ordner, die alle im Keller lagern. Auch in seinem Haus sieht man nichts, was an seine frühere Glanzzeit erinnert. Einen besonderen Stellenwert für ihn ihn jedoch ein Brief von Ex-Bundestrainer Sepp Herberger („Du wärst auch ein guter Fußballer geworden“), in dem er ihm riet, den Trainerschein zu machen. Vor 20 Jahren erwarb der einstige Leichtathletik-Star die auch für die Bundesliga taugliche Lizenz, doch eine Trainerkarriere in der höchsten Spielklasse schlug er nicht ein.

Die Leichtathletik-Szene verfolgt der einstige Weltklasse-Langstreckler noch aufmerksam. Allerdings hat er zu ihr ein gewisse Distanz entwickelt. So stören ihn die zunehmende Kommerzialisierung, die vielen Showeffekte bei Leichtathletik-Veranstaltungen und die zu laute Musik. Seiner Meinung nach sollte der Sport wieder mehr im Mittelpunkt stehen.

Hält sich noch mit Radfahren fit

Harald Norpoth, der als Diplom-Sportlehrer über 30 Jahre lang an der Bundeswehr-Sportschule Warendorf arbeitete, hat vor zehn Jahren zwei neue Kniegelenke bekommen und kann daher nicht mehr laufen. Allerdings ist er noch immer rank und schlank, denn er hält sich mit Radfahren fit.

Norpoth betont, dass seine früheren Knieprobleme nichts mit dem Laufen zu tun haben, denn zehn Jahre nach seinem Karriereende war der einstige Läuferstar noch beschwerdefrei: Die Ursachen liegen seiner Meinung nach eher beim Fußball- und Tennisspielen.

Der frühere Olympia-Zweite, für den die Familie einen hohen Stellenwert hat, gibt sich weiter bescheiden und hat zu seinem Ehrentag nur einen Wunsch: „Ich bin glücklich und zufrieden und hoffe, dass dieser Zustand noch einige Jahre noch einige Jahre anhält.“