Als die rheinische Frohnatur Stegemann und Nowak die Halle betreten, ist die Stimmung gut. Die beiden pflegen ein freundschaftliches Verhältnis. Doch für Nowak kein Grund, seinen Schüler an diesem Tag nicht auch ein wenig zu quälen. Los geht es mit ein paar Balanceübungen zur Muskelaktivierung. Dann legt Stegemann zwei Gummibänder an. Eins um die Oberschenkel, eins um die Knöchel. Bei langen Schritten und Kniehebungen muss der Schiedsrichter dagegen arbeiten. Nowak beobachtet jeden Schritt. Die Ausführung muss sitzen. „Kämpfen, ich weiß, dass es wehtut“, motiviert der Athletik-Profi seinen Schüler immer wieder. Und der kämpft.
Es geht um Nuancen
Weiter geht es mit dem Lauf-ABC. Hopserläufe folgen auf Skippings. Wieder dabei: Die Gummibänder. Bei jeder Bewegung ist ein lautes Knirschen in der Halle zu hören. „Die Übungen helfen mir sehr viel. Ich will auf dem Feld ökonomischer arbeiten. Gerade im Alter wird das immer wichtiger“, sagt Stegemann. 34 Jahre ist er jetzt. Bis 47 darf er theoretisch in der Bundesliga auf dem Platz stehen. Da ist es wichtig, schonend mit seinen Ressourcen umzugehen.
Deswegen legt Nowak viel Wert auf die kleinen Stellschrauben. Der Athletik-Experte achtet auf viele Details, arbeitetet mit Highspeed-Aufnahmen und geht nach jedem Übungsdurchgang in die Analyse. „Es geht oft um Nuancen. Große Veränderungen können oft im Millimeter-Bereich liegen, die dann aber zwei Prozent Energieersparnis bringen“, erklärt der Experte. Deswegen müsse man früh daran arbeiten, wie Reize auch im Alter auf den Köper wirken.
Die Belastung bei einem Spiel hänge nach Stegemann zudem auch vom Stil eines Schiedsrichters ab. "Ich bin gerne nah am Geschehen dran“, sagt der 34-Jährige. Doch Nähe bedeute häufig auch mehr Laufarbeit – und somit mehr körperliche Beanspruchung.
Ein echter Kraftakt
Und genau deshalb will Nowak jetzt noch einmal richtig angreifen. Er baut sechs kleine Hütchen auf dem Hallenboden auf. Dann nimmt er den Bundesliga-Schiedsrichter buchstäblich an die Leine. Stegemann legt sich einen Power-Bungee-Gurt um den Bauch, von dem ein längeres Gummiseil abgeht. Das Ende nimmt Sebastian Nowak in die Hand. Jetzt schickt er den Schiedsrichter zwischen den sternförmig aufgebauten Hütchen hin und her. Dabei zieht er immer wieder am Seil. Stegemann muss also nicht nur jede Menge kurz Sprints absolvieren, sondern auch gegen den Zug seines Trainers arbeiten. Ein echter Kraftakt. Ein Kraftakt, der dem Schiri auch am Wochenende die entscheidenden Meter erleichtern soll.
Nowak ist mit dem heutigen Training sehr zufrieden. „Das entscheidende wird für Dich, die Geschwindigkeit zu halten“, sagt er seinem Schützling, nachdem sie auf der Laufbahn noch ein paar Zeiten genommen haben. „Die Beschleunigung ist schon sehr gut“, sagt er weiter.
Zum Abschluss gehen die beiden noch in den Kraftbereich. Der Athletiktrainer legt dem Bundesliga-Schiedsrichter zwei Dicke Scheiben auf die lange, silbern-funkelnde Stange. Stegemann schultert die Gewichte auf. Jetzt heißt es explodieren. Mit einem großen Schritt steigt er erst auf einen Kasten, mit dem zweiten auf einen Mattenwagen. Das Schnellkrafttraining ist der letzte Kraftakt des anderthalbstündigen Trainings. In der Cool-Down-Phase stehen nun noch zehn gemütliche Minuten auf dem Fahrrad an, um die Regeneration einzuleiten. „Das ist vor allem in der Saison sehr wichtig“, sagt der Schiedsrichter, auf den am Wochenende bereits der nächste Einsatz wartet. Dann will er wieder ganz nah dran sein. Und mit dem intensiven Training ist er bestens vorbereitet.