400-Meter-Strecke hat in der Dortmunder Leichtathletik große Tradition

Dass bei den Hallen-Europameisterschaften im polnischen Torun mit Brenda Cataria-Byll und Henrik Krause zwei Dortmunder Langsprinter den Nationaldress trugen, brachte noch einmal die glanzvolle Dortmunder 400-Meter-Tradition in Erinnerung. Seit vielen Jahren genießt die Viertelmeile in Dortmund einen besonderen Stellenwert, der sich hat sich bis heute erhalten hat.

Die große Zeit der Dortmunder Langsprinter begann vor 62 Jahren, als der heute 87-jährige Dr. Manfred Poerschke mit dem deutschen 4 x 400-Meter-Quartett bei den Europameisterschaften 1958 in Stockholm Silber erkämpfte. Im Dress des OSV Hörde sprintete er die 100 Meter in 10,7 Sekunden, die 200 Meter in 21,4 und die 400 Meter in 47,0 Sekunden. Bei der Bewertung dieser Zeiten ist zu berücksichtigen, dass damals noch auf Aschenbahnen in Spikes mit langen Nägeln gelaufen wurde. Startblöcke gab es nicht, sondern zur Ausrüstung eines jeden Läufers gehörte ein Schippchen, mit dem sich der Akteur ein Startloch in die Bahn grub. So gewinnen Poerschkes Zeiten erheblich an Wert. Und er wäre unter den heutigen Bedingungen gewiss noch konkurrenzfähig. Dr. Poerschke bestritt 21 Länderkämpfe. Sein Husarenstück gelang ihm, als er 1957 beim Berliner ISTAF 400-Meter-Olympiasieger David Jenkins (USA) bezwang.

Zu der damaligen Langsprinter-Garde des OSV zählte auch Walter Oberste, der inzwischen 88 Jahre zählt. Er steht mit 47,2 Sekunden für die Stadionrunde zu Buche. Bei den olympischen Spielen 1956 erkämpfte er mit dem deutschen 4 x 400-Meter-Team den vierten Platz. Viermal war Oberste mit der 4 x 400-Meter-Staffel des OSV Hörde an der deutschen Meisterschaft beteiligt. Von 1968 bis 1972 fungierte er als Bundestrainer Sprint.

Zu den Weltklasse-Langsprintern der 1960er gehörte auch Manfred Kinder. Er trug von 1960 und 1961 den OSV-Dress und lief die 400 Meter in 45,9 Sekunden. Bei den olympischen Spielen 1960 in Rom wurde er mit der deutschen 4x4 mit Silber dekoriert. Ab 1962 gehörte er dem Wuppertaler SV an.

Hartmut Weber trug von 1977 bis 1983 das Dortmunder Trikot

Einen besonderen Platz in der Dortmunder Langsprint-Tradition nimmt Hartmut Weber, der von 1977 bis 1983 das OSV- und später das OSC-Trikot trug, ein. Er war sowohl auf den 400 Metern als auch über die Langhürden mit erstklassigen Leistungen zu Hause und wurde durch Rolf Krüsmann betreut. Seinen europäischen Juniorentiteln über 400 Meter und mit der 4 x 400-Meter-Staffel von 1979 ließ er 1982 bei den Männer in den gleichen Disziplinen die Europameisterschaften folgen. Über 400 Meter steht er mit hochkarätigen 44,72 Sekunden zu Buche.

Jörg Vaihinger war nicht nur ein exzellenter Mehrkämpfer, sondern auch ein hervorragender Langsprinter. Er nahm an drei Olympischen Spielen teil. 1983 wurde er mit der deutschen 4 x 400 Meter-Staffel Vize-Weltmeister und 1988 Olympiadritter mit der Staffel.

2001 sorgte Ingo Schultz im Dress der LG Olympia Dortmund als 400-Meter-Vize-Weltmeister und 2002 als Europameister für Furore. Sein Dortmunder Kreisrekord von 44,66 Sekunden ist bis heute unerreicht.

Die jüngere Vergangenheit beginnt mit Bastian Swillims. Er lief die 400 Meter bei der WM 2007 in Osaka im Freien in 45,44 Sekunden und steht in der Halle mit 45,62 zu Buche. In Birmingham wurde er bei der Hallen-EM Vizemeister. Dreimal wurde er deutscher Hallenmeister und holte sich 2007 in Erfurt den Freilufttitel. Besonders eindrucksvoll sind die Dortmunder Staffelerfolge über 4 x 400 Meter. Zahlreiche große Namen, wie der 800-Meter-Olympiavierte von Rom, Paul Schmidt und Hans Reinermann verstärkten die Staffeln von OSV Hörde, OSC Thier Dortmund und der LG Olympia Dortmund.

Ununterbrochen von 1956 bis 1961 beherrschten die Männer-Staffeln des OSV Hörde bei Deutschen Meisterschaften das Geschehen, 1982 kam der OSC Thier Dortmund zu Titelehren.

"Dortmund ist das Kompetenz-Zentrum im Langsprint"

„Wir sind das deutsche Kompetenz-Zentrum im Langsprint“, stellte der frühere Präsident der LG Olympia Dortmund, Rene Scheer, fest, als die Männerstaffeln von 1992/1993 und 2001/2002 der nationalen Konkurrenz das Nachsehen gaben. Ebenso erfolgreich waren die Frauen der LG Olympia Dortmund, die von 1991 bis 1995 ungeschlagen die Szene beherrschten. Ihre 3:03,04 Minuten von 1995 sind bis heute unerreicht. Silke Knoll, Helga Arendt und Sandra Kuschmann sind nur drei der erstklassigen LGO-Langsprinterinnen dieser Zeit. Thomas Kremer ist der Trainer, der hinter diesen Erfolgen steht.

Torben Junker, der sich in diesem Jahr dem TV Wattenscheid angeschlossen hat, Manuel Sanders, Überraschungshallenmeister Henrik Krause, die deutsche Jugendmeisterinnen Brenda Cataria-Byll und Anna Hense sowie eine Reihe von Erfolg versprechenden Nachwuchsläuferinnen und -läufern sind heute die Aushängeschilder der 400-Meter-Szene.

Bei diesem Ausflug in die Vergangenheit sollte nicht vergessen werden, dass frühere Kreismeisterschaften mit mehreren hundert Athletinnen und Athleten zu einem echten Leichtathletikfest wurden. In den Mittelstreckenwettbewerben und erst recht in den Sprints gab es sogar Vorläufe. Diese Titelkämpfe werden heute nur noch in den Schülerklassen ausgetragen.