Zaya und Anna Hense setzen eine große Familientradition fort

Dass sich drei Generationen einer Familie mit großen Erfolgen der Leichtathletik verschrieben haben, ist sicher selten, wenn nicht sogar einmalig. In der Dortmunder Leichtathletik spielte die Dynastie Balke/Hense in den vergangenen rund 50 bis 60 Jahren eine große Rolle. Und die setzt sich nun mit Zaya und Anna Hense fort. Die Zwillinge, die noch der Startgemeinschaft Kirchlinde-Schwerte/Ruhr angehören, werden im kommenden Jahr für die LG Olympia Dortmund starten.

Wer erinnert sich nicht an Rosi (geborene Klute) und Jörg Balke, die von 1959 bis 1975 bei deutschen Meisterschaften überzeugten? Jörg Balke, der den Dress des Polizei SV Berlin trug, erkämpfte 1959 mit der 3x1.000-Meter-Staffel seines Vereins seinen ersten nationalen Titel, dreimal wurde er deutscher 800-Meter-Meister und bestritt 20 Länderkämpfe für Deutschland. Seine 800-Meter-Bestzeit von 1:47,1 Minuten hätte auch heute noch ihren Wert. Er wurde zum Bundestrainer berufen und betreute in dieser Funktion seine spätere Frau Rosemarie, die 1970 als deutsche Vizemeisterin über 800 Meter im Dress des OSC Thier Dortmund ihren größten Erfolg feierte. „Großmutter Rosi“ hält sich mit Walking fit und sagt voller Optimismus: „Hauptsache ist, wenn man noch aufrecht gehen kann.“

Ihrer Tochter Tina wurde das Talent für die Leichtathletik in die Wiege gelegt. Aus Tina wurde eine ausgezeichnete Langsprinterin, die auch über 800 Meter mitmischen konnte. Sie wurde mit der 4x400m-Staffel des OSC Thier Dortmund deutsche Meisterin.

Da war da noch Olaf Hense aus Ergste: „Ich war recht talentiert, aber so richtig ernsthaft trainierte ich erst, als ich mich dem TV Wattenscheid anschloss“, erinnert er sich. Als er dann zur LGO wechselte, übernahm Rolf Krüsmann sein Training und führte ihn in die internationale Spitze. Er nahm an den olympischen Spielen 1992 als Langhürdler teil, zählte bei den Weltmeisterschaften 1991 und 1993 zum deutschen Team und trug 1993 in Stuttgart zu WM-Bronze des deutschen 4x400-Meter-Quartetts bei.

Als Langhürdler trumpfte er mit 48,48 Sekunden auf, eine Leistung an die heute kein deutscher Athlet mehr heran kommt. Parallel trainierten die Dortmunder Langsprinterinnen unter der Leitung von Ludger Zander und Thomas Kremer im Stadion Rote Erde. „Ich empfand es damals als motivierend, neben so erfolgreichen Athleten wie Olaf zu trainieren", erzählt Tina Hense. Aber erst einige Jahre später fanden die beiden, die fast Nachbarn im Kreuzviertel waren, zueinander. Olaf hatte seine sportliche Karriere bereits beendet, Tina gab die Leichtathletik zu Gunsten ihres Sportstudiums auf. Und sie heirateten.

Was daraus wurde, kann man heute im Stadion Rote Erde sehen. Die Zwillinge Zaya und Anna trainieren unter der Leitung von Thomas Kremer und gelten als außergewöhnliche Talente. „Die Mädchen haben in diesem Herbst ihre Weichen neu gestellt. Sie trainieren nun in einer Trainingsgruppe der LG Olympia mit Athleten die bereits internationale Wettkampferfahrung gesammelt haben. Das motiviert ungemein“, verraten Tina und Olaf Hense, heben aber hervor: “Die Zukunft bestimmen die beiden selbst und wir werden sie dabei weiterhin unterstützen. Anna wird langfristig auf der 400-Meter-Distanz zu finden sein, Zaya auf der langen Hürdenstrecke.“

Eltern achten auf richtige Dosierung des Trainings

Die Eltern halten natürlich ein Auge darauf, dass ihre Töchter im Training nicht zu sehr gefordert werden. „Zwar würden wir Anzeichen von zu viel Training erkennen und würden gegebenenfalls eingreifen. Am liebsten halten wir uns aber zurück und unterstützen die beiden durch Organisation von Trainings- und Wettkampffahrten“, macht Olaf deutlich und Tina ergänzt: „Ich übernehme oft Abholfahrten von der Schule nach Hause, damit sie sich vor dem Training noch etwas ausruhen und in Ruhe essen können. Da wird schon viel Disziplin verlangt, das G8-Gymnasium und den Leistungssport miteinander zu verbinden. Manchmal beginnen sie erst nach 20:30 Uhr mit den Hausaufgaben.“

In enger Abstimmung mit ihren Eltern meistern Zaya und Anna diese Belastungen und einer Fortsetzung der Leichtathletik-Dynastie Balke/Hense steht nichts im Wege, denn die Jüngste, Neela, hat sich zwar noch dem Ballett verschrieben, könnte sich aber später auch noch der Leichtathletik widmen.

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Drei Fragen von Horst Merz an Tina und Olaf Hense

Haben Anna und Zaya Ihre Begeisterung für die Leichtathletik geerbt oder musste sanft nachgeholfen werden ?

Tina Hense: Für uns war es erst einmal wichtig, unseren Töchtern viele Sportarten anzubieten und Bewegungsfreude entstehen zu lassen, wie zum Beispiel Ballett, Jazztanz, Voltigieren, Basketball und Wettkampfturnen. Sie sollen selbst herausfinden, was ihnen am meisten Freude macht.
Olaf Hense: Anna und Zaya haben sich dann mit zwölf Jahren für die Leichtathletik entschieden und beim LC Schwerte regelmäßig am Schülertraining teilgenommen, und das freut uns natürlich.

Haben Ihre Töchter das Talent von Ihnen geerbt oder spielt ein Elternteil die stärkere Rolle?

Tina Hense: Die Frage ist schwer zu beantworten. Aber ich würde sagen, Olafs Talent darf sich ruhig durchsetzen. Allerdings gehört zu einem erfolgreichen Leistungssport ja viel mehr als nur die genetische Disposition.
Olaf Hense: Beide trainieren mit gleicher Motivation und gleich intensiv. Da sind es vielleicht doch die Gene, die Anna zur Zeit zur Leistungsstärkeren machen. Aber wir sind beide emotional überfordert, wenn die Mädchen im gleichen Lauf gegeneinander antreten. Das ist schwer auszuhalten, aber wir unterstützen sie beide gleich.

Gibt es Rivalitäten zwischen Anna und Zaya?

Tina Hense: Ich glaube, es wäre nicht richtig hingeschaut, wenn ich sagen würde, dass es keine Rivalitäten gibt. Aber durch die Wahl unterschiedlicher Schwerpunkt-Disziplinen ist es für beide bestimmt leichter, sich nicht mehr vergleichen zu müssen. Beide können sich aber ehrlich über die Leistung der Schwester freuen.