„Die Nachricht vom Tod Wolf-Dieter Poschmanns hat uns sehr traurig und betroffen gemacht“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Idriss Gonschinska. „Er war über viele Jahrzehnte in unterschiedlichen Rollen ein angesehener Akteur in der Leichtathletik-Familie. Seine Stimme war untrennbar mit der Leichtathletik verbunden, seine Begeisterung mitreißend, seine Fachkenntnis hochgeschätzt. Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Zeit seiner Familie und allen, die ihm nahestanden.“
Der Fachmann für Leichtathletik, Fußball, Triathlon und Eisschnelllauf, der mit Leib und Seele Journalist war, berichtete von 1988 bis 2016 unter anderem von acht Olympischen Sommer- und sechs Olympischen Winterspielen. Eine hohe Wertschätzung und ein großes Vertrauen wurden ihm zuteil, als er innerhalb dieses Zeitraums für das ZDF fünfmal die Eröffnungs- und zweimal die Abschlussfeier kommentieren durfte.
Nils Schumanns Sieg emotionalster Eindruck
Emotional tief beeindruckt war Wolf-Dieter Poschmann bei seinen zahlreichen Reportagen vor allem von dem Augenblick, als Nils Schumann (SV Creaton Großengottern) bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney im 800-Meter-Finale nach einer taktischen Meisterleistung in 1:45,08 Minuten den damaligen Weltrekordler Wilson Kipketer aus Dänemark (1:45,14) und den Algerier Djabir Said-Guerni (1:45,16) auf der Zielgeraden völlig überraschend niederrang und damit das erste Olympia-Gold auf der Zwei-Runden-Distanz für Deutschland gewann. „Diese Sensation hatte für mich auch eine persönliche Note, weil ich im Vorfeld von Sydney einen längeren Beitrag über Nils Schumann zusammengestellt hatte. Dafür war ich drei Tage bei ihm in Erfurt, sodass sich damals ein freundschaftliches Verhältnis zwischen uns entwickelte. Als er dann Olympiasieger wurde, war ich so ergriffen, dass mir die Stimme wegbrach und ich für kurze Zeit mein Mikrophon ausschalten musste“, erinnerte sich der langjährige Sportkommentator des ZDF.
Der Triumph von Nils Schumann war damals auch für die TV-Zuschauer ein emotionaler Moment, denn Wolf-Dieter Poschmann verstand es wie kaum ein anderer, mit seiner unübertroffenen Leidenschaft die Atmosphäre im Stadion auch an heimischen Bildschirmen spürbar zu machen.
1986 begann Poschmann als freier Mitarbeiter beim ZDF. Einen steilen Karrieresprung machte er 1994, als er erstmals das "Aktuelle Sportstudio" moderieren durfte. Bis 2011 war er 280 Mal Gastgeber in der Kultsendung des ZDF. Dabei erwarb er sich durch sein souveränes Auftreten große Anerkennung, sodass er mehrfach zum TV-Journalisten des Jahres gewählt wurde. 2011 wurde der profunde Kenner der Leichtathletik-Szene mit dem Medienpreis des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ausgezeichnet. Dass er mit seinen Aussagen auch manchmal polarisierte, nahm er in Kauf, denn er liebte nicht den angepassten und geschmeidigen Journalismus.
Interviews zählten zu seinen Markenzeichen
Zu Wolf-Dieter Poschmanns Markenzeichen zählten auch seine Interviews, bei denen er schnell den Zugang zu den Sportlerinnen und Sportlern fand. Er konnte sich dabei gut in ihre Mentalität hineinversetzen, weil er selbst aus dem Leistungssport kam. Zwischen 1973 und 1986 war der 15-fache Länderkampf-Teilnehmer fast bei allen Deutschen Meisterschaften vertreten und kam dort auf den Langstrecken meist unter die ersten Fünf. Die beste Platzierung gelang ihm 1973, als er bei den Deutschen Marathonmeisterschaften in Eschborn überraschend deutscher Vizemeister im Marathonlauf wurde. Mit seinen persönliche Bestzeiten von 7:54,50 Minuten über 3.000 Meter, 13:35,07 Minuten über 5.000 Meter, 28:28,64 Minuten über 10.000 Meter, 8:32,20 Minuten im 3.000-Meter-Hindernis, 1:03:36 Stunden im Halbmarathon (damals deutscher Rekord) und 2:19:29 Stunden im Marathonlauf zählte „Poschi“, wie ihn seine Läuferkollegen nannten, in den 1970er Jahren zu den besten Langstrecklern im DLV.
Der Sieger von vielen großen Straßenläufen (unter anderem Paderborner Osterlauf) sagte anlässlich seines 70. Geburtstags am 22. Mai 2021, dass er mit seinem späteren Wissen damals einiges anders gemacht hätte. „Ich habe im Nachhinein viel zu hart trainiert und den Wert der Erholung nicht hoch genug eingeschätzt. Wenn es richtig gut bei mir lief, dann habe ich am folgenden Tag meist noch härter trainiert. Dadurch habe ich mir 1976 im Marathonlauf die mögliche Teilnahme an den Olympischen Spielen in Montreal vermasselt.“
Zuletzt nur noch Hobbysportler
Bei seinen eigenen sportlichen Aktivitäten spielte für „Poschi“ der Leistungsgedanke zuletzt keine Rolle mehr. Er joggte noch, fuhr Rad, trainierte im eigenen Fitnesskeller und spielte Golf – allerdings nur alleine. Auf den Sport konnte er nämlich nach so vielen ereignisreichen Jahren nicht verzichten. Genauso wie auf seine bei Straßenläufen und Leichtathletik-Meetings allseits geschätzte Moderatoren-Tätigkeit, die er gerne fortgeführt hätte. So hatte er in diesem Jahr noch eine Einladung zum ISTAF am 12. September in Berlin erhalten.
Dass der frühere ZDF-Sport-Chef seit seiner Pensionierung im Jahr 2016 nicht mehr auf dem Bildschirm präsent war, bildete für ihn kein Problem. Im Gegenteil: „Ich bin froh, dass ich nicht mehr jedes Wochenende oder wie früher bei internationalen Großereignissen sogar mehrere Wochen unterwegs bin.“
Wolf-Dieter Poschmann, der – wie er selbst einmal sagte –, ein Getriebener seiner Leidenschaft war, wird der Leichtathletik in vielen Bereichen fehlen. Vor allem auch in Westfalen, wo er bei zahlreichen Veranstaltungen zunächst als Aktiver und später dann als Moderator im Einsatz war.
Sein plötzlicher Tod macht fassungslos. Seine menschliche Art, seine große Begeisterung und seine mitreißenden Reportagen werden allen, die ihn kannten, in Erinnerung bleiben.