Westfälischer Nachwuchs mit guten Chancen bei Jugend-DM

Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2020 in Heilbronn konnten die westfälischen Jugendlichen über elfmal Gold sowie über jeweils sechsmal Silber- und Bronze jubeln. Solch eine stolze Bilanz hat es für die Nachwuchstalente aus dem Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) in den vergangenen Jahren bei deutschen Jugendmeisterschaften nicht mehr gegeben. Es wäre aber vermessen, bei den DLV-Jugend-Titelkämpfen an diesem Wochenende in Rostock eine ähnliche Medaillenflut zu erwarten.

Mit 20 Jugendlichen der Klassen U20 und U18 tritt die LG Olympia Dortmund bei den Titelkämpfen in Rostock an. Doch nicht nur Quantität, sondern auch Qualität zeichnen das Dortmunder Aufgebot aus. 15 Athletinnen und Athleten des Vereins werden in den Meldelisten unter den ersten Acht, sieben sogar unter den ersten Drei genannt. Es muss schon eine Menge schief gehen, wenn die jungen LGOer nicht mit mehreren Edelmetall-Plaketten von der Ostsee nach Hause reisen sollten.

Über 2000-Meter-Hindernis der U20 rangiert Henrik Lindstrot zwar an der Spitze der DLV-Rangliste, doch ist ihm der Karlsruher Florian Zittel dicht auf den Fersen. Aber Lindstrot hat zuletzt über 3.000 Meter „flach“ gezeigt, was in ihm steckt. Überraschend ist im selben Wettbewerb der Klasse U18 Noah Boeck auf den ersten Platz vorgedrungen. Er hat sich in diesem Jahr stark verbessert und stellt sich mit viel Ehrgeiz dem Ansturm der Konkurrenz. Mit dem frischen Lorbeer der EM U20-Vizemeisterschaft tritt Yassin Mohumed über 5.000 Meter aussichtsreich an.

Eng wird es im Stabhochsprung für Till Marburger und im Hochsprung für Louis Robertz, denn es wird um wenige Zentimeter bei der Verteilung der Medaillen gehen. Da werden die Nerven im Versuchepoker eine entscheidende Rolle spielen.

Mit einem tollen 1.500-Meter-Rennen auf der heimischen Bahn in Dortmund-Hacheney hat sich Ida Lefering an die Spitze katapultiert. Sie ist eine der sichersten Medaillenkandidatinnen im Dortmunder Aufgebot. Im Langsprint der Klasse U20 will Anna Hense das Erbe von Brenda Cataria-Byll antreten, doch gegen die ältere Konkurrenz befindet sie sich nicht in der Favoritenrolle. Anna Hense hat auf die U20 gesetzt und wollte damit ihre WM-Nominierung nicht gefährden, doch dieses Engagement war umsonst, denn die WM in Nairobi fällt nun endgültig aus. Für sie ist Karolina Haas in der U18 eingesprungen.

Schon vor den Titelkämpfen in Rostock hat sich Geschäftsführer der LG Olympia Dortmund, Yoshi Müller, eine Medaille verdient, denn die Organisation war in diesem Jahr besonders umfangreich und schwierig. Allein mehr als 50 Corona-Schnelltests musste er anmelden.

TV Wattenscheid hofft auf drei bis fünf Medaillen

Der TV Wattenscheid 01 geht ebenfalls mit einem starken Team in Rostock an den Start. Den Deutschen Meistertitel als Ziel gesetzt hat sich Werferin Pia Northoff. Zuletzt Platz fünf bei der U20-Europameisterschaft in Tallinn belegt, will sie auch am Wochenende ihren Diskus weit werfen. Mehr als 50 Meter sind das Ziel. Sie will an ihre guten Leistungen in Düsseldorf anknüpfen, als sie ihren Diskus auf  53,80 Meter beförderte. „Nachdem die U20-Weltmeisterschaften jetzt abgesagt worden sind für das DLV-Team, sehe ich die Deutschen Meisterschaften als meinen letzten Saison-Höhepunkt an. Ich bin fokussiert und die Vorbereitungen laufen gut“, so die 18-Jährige. 

In der U18 will Nachwuchs Sprinter Lennart Hartenberg ganz vorne mitmischen. In diesem Jahr ist er bereits international für Deutschland gestartet, bei der U20-EM in Tallinn. In Rostock geht er über 100 Meter in der U18-Konkurrenz an den Start. In der Meldeliste steht er auf Platz eins – mit 10,53 Sekunden. Zu viel Druck machen will sich Hartenberg aber nicht. In seinen Wettkampf geht er gleichermaßen freudig und fokussiert. „Ich freue mich sehr auf die DM. Ich versuche, mein Ding zu machen. Weil ich als Favorit an den Start gehe, ist Gold mein Ziel, aber es kann im Sprint auch immer viel passieren“, so Hartenberg. 

Ebenfalls auf Platz eins der Meldeliste ist Hürden-Talent Aaliyah Mbenda. Für sie wird es die erste Deutsche Meisterschaft in der Favoritenrolle. Für Mbenda ist es deshalb wichtig, sich selbst nicht zu verrückt zu machen. „Mir ist klar, dass ich aufgrund der Platzierung einen gewissen Druck haben werde. Aber ich möchte mir nicht zusätzlich noch mehr Lasten auf die Schultern packen“, so Mbenda. Ihr Plan: Ein Schritt nach dem anderen. „Erstmal will ich den Vorlauf überstehen, bei den Hürden weiß man nie zu 100 Prozent, ob man durchkommt. Im Finale will ich dann einfach das abrufen, was ich an dem Tag draufhabe. Ich bin sehr zuversichtlich und fokussiert.“ 

Medaillenchancen hat auch Neuzugang Mateusz Lewandowski über die 400 Meter Hürden. Er steht mit 52,43 Sekunden auf Platz zwei der Meldeliste und könnte sich am Wochenende den Traum von einer Medaille erfüllen. Genauso wie Weitspringerin Nicola Kondziella. Gemeldet ist sie mit 6,19 Metern. Ihre persönliche Bestleistung aus der Halle liegt bei 6,31 Meter. Im vergangenen Jahr gab es für sie Gold. Das zu verteidigen, ist in diesem Jahr eine Herausforderung. Vor ihr in der Meldeliste liegt Mikaelle Assani (LG Region Karlsruhe) mit einer persönlichen Bestleistung von 6,64 Metern. Für Trainer Peter Schnabel steht eine spezielle Medaille daher auch nicht im Vordergrund: „Ich wünsche mir für Nicola, dass sie die Leistungen, die sie im Training andeutet, auch im Wettkampf zeigen kann, das wäre ein riesen Erfolg“, so Schnabel. 

Auch Sprinter Rodi Issa und Hürdensprinter Mark Petruschka schielen in den U18 Wettkämpfen auf Edelmetall. Beide stehen auf Platz drei der Meldeliste in ihrer Disziplin (100 Meter/110 Meter Hürden). Für sie war es bisher aber keine leichte Saison. „Rodi konnte coronabedingt erst im März ins Training einsteigen“, so Jugendcheftrainer Frank Bartschat. Auch Mark Petruschka hatte lange mit einer Verletzung zu kämpfen und trainiert erst seit fünf Wochen wieder. „Eine Medaille wäre für jeden der beiden ein großartiges Ziel, aber gerade bei den jungen Athleten erlebt man häufig, dass sie dem Druck, den sie sich selbst machen, nicht unbedingt gerecht werden. Das ist aber keine Enttäuschung, sondern einfach ein normaler Lernprozess.“

20 Wattenscheider in Rostock am Start

Insgesamt geht der TV Wattenscheid 01 mit einem 20-köpfigen Team an den Start. Unter den aussichtsreichen Starterinnen und Starter ist z.B. auch Sprinterin Sophie Bleibtreu, die in diesem Jahr U20-EM-Norm gelaufen ist und die DLV-Nachwuchs-Nationalmannschaft als Teil des Staffelteams nach Tallinn begleiten durfte. Auch für Athleten wie Felix Becker (5.000 m / U20), Noah Braida (110 Meter Hürden / U18) oder Jolie Bomert (Dreisprung / U18) liegt eine Medaille, zumindest aber eine Endkampfplatzierung, im Bereich ihrer Möglichkeiten. 

„Als Team ist es unser Ziel, mit drei bis fünf Medaillen aus der Meisterschaft rauszukommen. Alles andere wäre eine riesige Überraschung“, betont Frank Bartschat. „Ich hoffe auf viele positive Überraschungen, aber natürlich wird es auch den ein oder anderen Athleten geben, der nicht an seine Leistung rankommen wird. Wir sind ein junges Team, da ist das ganz normal und gehört dazu. Viel wichtiger als nur Medaillen sind ohnehin persönliche Bestleistungen und Saisonbestleistungen. Wenn mehr als die Hälfte eine persönliche Bestzeit erzielt, wäre das ein großer Erfolg“. 

Fabiane Meyer und Johanna Pulte mit Titelchancen

Doch nicht nur Nachwuchsathletinnen und -athleten aus Wattenscheid und Dortmund reisen mit guten Aussichten nach Rostock. Im 1.500-Meter-Lauf der weiblichen Jugend U20 möchte Fabiane Meyer (TV Westfalia Epe) ihren Titel, den sie 2020 in Heilbronn in 4:37,89 Minuten im Spurt gewann, erfolgreich verteidigen. Die Athletin von Reinhard Wittland hat in der Stadt an der Ostsee gute Karten, denn sie führt die aktuelle DLV-Bestenliste in ihrer Altersklasse in 4:20,04 Minuten an.

Gespannt ist man auch auf den Auftritt von Johanna Pulte (SG Wenden), die über 3.000 Meter bei der Medaillen-Vergabe ganz vorne mitmischen kann.

Coronabedingt sind in Rostock keine Zuschauer zugelassen. Doch auch wenn Leichtathletik-Fans nicht vor Ort sein können, verzichten müssen sie auf die Meisterschaften nicht. So wird an allen drei Wettkampf-Tagen ein Livestream angeboten. Darüber hinaus wird es auf leichtathletik.de auch Live-Ergebnisse sowie eine umfassende Berichterstattung zu den Wettbewerben geben.