1966 und 1968 wurde Hermann Latzel deutscher Weitsprung-Meister, 1970 gewann er den Titel in Halle. Seine Bestweite im Freien und unter dem Dach beträgt 7,91 Meter (jeweils 1970). International erstmals in Erscheinung trat er 1966 bei den ersten "Europäischen Hallenspielen" in Dortmund, die den Probelauf für die späteren Hallen-Europameisterschaften bildeten, und im selben Jahr bei den Europameisterschaften in Budapest. Bei beiden Veranstaltungen belegte er jeweils einen respektablen sechsten Rang. 1970 schrammte er bei den Hallen-Europameisterschaften in Wien als Vierter mit 7,91 Meter nur einen Zentimeter an einer Medaille vorbei.
Trotz seines Weitsprung-Erfolgs bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1968 in Berlin mit 7,73 Meter wurde Hermann Latzel nicht für die Olympischen Spiele in Mexiko City nominiert, weil ihm nur wenige Zentimeter an der Olympianorm fehlten. Als kleines Trostpflaster für die entgangene Olympia-Teilnahme finanzierten einige Dortmunder Leichtathletik-Fans dem beliebten Weitspringer die Reise nach Mexiko City, damit er an den Spielen wenigstens als Zuschauer teilnehmen konnte.
Da Hermann Latzel schon damals ein passionierte Fotograf war, stand für ihn vor allem der Weitsprung im Fokus. Er lieh sich von einem Nationalmannschaftskollegen eine Jacke aus und hatte somit bei den laschen Kontrollen am 18. Oktober 1968 ungehinderten Zutritt zur Weitsprunganlage im Estadio Olimpico Universitario.
Bob Beamons Jahrhundertsprung mit der Kamera eingefangen
Gleich im ersten Versuch des Weitsprungs gelang dem damals 22-jährigen Bob Beamon (USA) mit der vorher nie für möglich gehaltenen Weite von 8,90 Meter der Jahrhundertsprung, bei dem er den damals bestehenden Weltrekord von 8,35 Meter um 55 Zentimeter verbesserte. Hermann Latzel konnte diesen sporthistorischen Moment mit seiner Kamera einfangen. Er war neben einem amerikanischen Bildberichterstatter der einzige Fotograf, der diesen Augenblick auf Zellouloid bannte. Die Schar der Profi-Fotografen hatte nämlich den 400-Meter-Endlauf mit späteren Olympiasieger Lee Evans, der zeitlich parallel zum Weitsprung stattfand, im Visier.
Hermann Latzel ließ, nachdem der historische Weltrekord bestätigte wurde, seinen Film im Fotografen-Pool entwickeln. Sofort wurde ihm das Foto zu einem Selbstkostenpreis abgekauft. „Ich habe den Wert dieses Zeitdokumentes im ersten Moment gar nicht erkannt. Er ist mir erst bewusst geworden, als ich wieder zuhause war und die Berichte über diesen unvergesslichen Sprung in den deutschen Medien nachlesen konnte“, berichtet Hermann Latzel.
Der frühere deutsche Weitsprung-Meister hat in den vergangenen Jahren oft lokalen Medien und befreundeten Journalisten sein sporthistorisches Foto honorarfrei zur Verfügung gestellt, nur ist er immer befremdet, wenn als Bildquelle nicht „Hermann Latzel“ angegeben wird, denn er verfügt als Fotograf über die Urheberrechte.
Der runde Geburtstag bildet für Hermann Latzel Anlass, auf sein ereignisreiches, glückliches und erfülltes Leben zurückzublicken. Dazu gehört auch seine Zeit als Berufsschullehrer. Zunächst unterrichtete in Deutschland und anschließend in Nigeria und Namibia. In Nigeria hat er unter anderem ein Berufsbildungszentrum für gewerbliche Berufe aufgebaut. In Namibia hat er nach dem Ende der Apartheitpolitik als direkter Berater des Erziehungsministeriums am Aufbau des dortigen Berufsbildungssystems und der Lehrer-Ausbildung mitgearbeitet. Begleitet während seiner Auslandsaufenthalte hat ihn immer seine Ehefrau Heidi Latzel, die als ehemalige erfolgreiche Langstrecklerin der damaligen LAV Dortmund weiter Leichtathletik interessiert ist.
Seit seiner Pensionierung vor 20 Jahren hält sich das Ehepaar Latzel mit Golf und Joggen fit, denn der Sport ist weiter wichtiger Bestandteil ihres Lebens und das soll auch in Zukunft so bleiben.