"Der Arbeitersport ist Teil der Geschichte des deutschen Fußballs und insbesondere des Ruhrgebiets, dem wir uns als Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) mit Sitz in der ehemaligen Bergarbeitersiedlung Kaiserau sehr verbunden fühlen“, würdigt FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski die historische Bedeutung dieses Kapitels der Fußballhistorie.
Was heute selbstverständlich scheint – dass alle Sportvereine sich unter dem gemeinsamen Dach einer einheitlichen (Fach-)Verbandsstruktur zusammenfinden – war es im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nämlich keineswegs. In der gegenwärtig fast vergessenen Arbeitersportbewegung organisierten sich seit Ende des 19. Jahrhunderts Frauen und Männer, um Sport und Klassenbewusstsein miteinander zu verbinden. Der Arbeiterfußball war insbesondere ab den 1920er Jahren unter dem Dach des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB) und der kommunistischen Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit (KG) eine starke gesellschaftliche Kraft, die sich ganz bewusst von den im DFB organisierten "bürgerlichen" Vereinen abgrenzte.
Wanderausstellung bis zum 22. Mai in Kaiserau
Daneben gab es weitere, konfessionell geprägte Vereine, wie die evangelische Eichenkreuz-Bewegung, die katholischen Vereine der Deutschen Jugendkraft (DJK) und die jüdischen Sportbewegungen Makkabi, Schild und Vintus. Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 setzte dieser Tradition ein jähes und gewaltsames Ende.
Mit dem gemeinnützigen "Paderborner Kreis" hat sich ein Verein von Sporthistorikern und -wissenschaftlern, Journalisten und Autoren in mehrjähriger Recherchearbeit auf die Spuren der Arbeiterfußballer begeben und eine erstaunliche Vielzahl an Dokumenten, Fotos, Statistiken und Geschichten der Bewegung zusammengetragen. Das Ergebnis: Seltene Exponate und insgesamt 17 bebilderte Tafeln, die einen detailreichen Einblick in die kurze, aber interessante Geschichte der Sportbewegung ermöglichen, die in den 1920er und 1930er Jahren nicht nur eigene Bundesmeisterschaften organisierte, sondern auch einen lebhaften Länderspielbetrieb und sogar Europameisterschaften organisierte, knapp 30 Jahre vor Austragung des ersten entsprechenden UEFA-Turniers.
Von den einstmals rund 1.000 im Arbeiterfußball beheimateten Vereinen gingen nach 1945 etwa 700 im neu gegründeten DFB auf, und trugen ihre Arbeitersport-Ideale somit auch in die neuen Organisationsstrukturen. Die von der DFB-Kulturstiftung geförderte Wanderausstellung "Der andere Fußball: 100 Jahre Arbeiterfußball – 125 Jahre Arbeitersport" ist bis zum 22. Mai im SportCentrum Kaiserau (Jakob-Koenen-Str. 2, 59174 Kamen) kostenlos zu sehen.