Paul Heinz Wellmann nicht mehr in der Fritz-Jacobi-Halle anzutreffen – daran wird sich so mancher erst noch gewöhnen müssen. Seit 1974 hat der ebenso vielseitige wie bodenständige Fachmann das leichtathletische Geschehen in Leverkusen maßgeblich mitgeprägt, zunächst als Weltklasse-Mittelstreckler, dann als Trainer und schließlich als hauptamtlicher Geschäftsführer. „Ich werde mich beruflich verändern und freue mich auf die neue Herausforderung: Ich wechsle in das Unternehmen Ruhestand“, scherzte er am Donnerstag.
Nach 41 Jahren immer noch präsent: sein Olympia-Bronze 1976 in Montreal (Kanada). In einem ganz auf Taktik abgestellten Rennen nutzte der Schützling von Gerd Osenberg im 1.500-Meter-Finale eine sich innen auftuende Lücke und preschte mit einem fulminanten Endspurt in 3:39,33 Minuten dicht an Olympia-Sieger John Walker (Neuseeland; 3:39,17 Min.) und Ivo van Damme (Belgien; 3:39,27 Min.) heran. „Aber es gab auch andere Events, die mir viel bedeuten“, blickt der 65-Jährige zurück und nennt unter anderem die Deutschen Meisterschaften im Jahre 1973, wo er – noch im Trikot des heimatlichen TV Haiger - sowohl über 800 als auch über 1.500 Meter die Titel holte.
Vom Aktiven zum Trainer
„Unvergessen ist mein erster 800-Meter-Lauf unter zwei Minuten als B-Jugendlicher, das war ganz aufregend“, erinnert sich Paul Heinz Wellmann, den 1977 zwei Achillessehnen-Operationen sportlich zurückwarfen. Noch vor dem Karriereende begann der gelernte Schlosser hauptamtlich als Trainer zu arbeiten. Zwei von vielen Vorzeige-Schützlingen: Steffen Brand, 1992 Olympia-Fünfter und 1996 Olympia-Sechster über 3.000 Meter Hindernis sowie Sonja Oberem, im Marathon 1996 Olympia-Achte, 1997 WM-Siebte, 1999 WM-Sechste und 2001 WM-Fünfte.
1994 übernahm er zusätzlich das Amt des Geschäftsführers der TSV-Leichtathletikabteilung. Stete Grundlagen seines Handelns: Loyalität und soziales Verantwortungsbewusstsein. Der Experte für Mittel- und Langstrecken mutierte zum Allrounder, achtete stets darauf, dass der Verein auf breiter Front den Nährboden für sportliche Höchstleistungen bieten konnte. „Wir sind einer der wenigen Vereine, die die komplette Leichtathletik abdecken, vom Sprint bis zum Mehrkampf“, erklärt Paul Heinz Wellmann die Philosophie des TSV Bayer 04.
Wechsel stand nie zur Debatte
Ganzer Stolz: Die Fritz-Jacobi-Sportanlage in Manfort, ein Schmuckkästchen. „Wir sind Eigentümer der Anlage, wir haben Hausrecht. Hier wird kein Fußball gespielt. Neben unseren Aktivitäten findet hier allenfalls Schulsport statt, der durch unser Internat geregelt wird", sagt Paul Heinz Wellmann. „Am frühen Morgen und bis in die Nacht hinein kann hier Leichtathletik betrieben werden." Schmerzlich: Das Aus des internationalen Bayer-Meetings, das hier bis 2009 15 Auflagen erlebte.
Möglichkeiten wegzugehen boten sich mehrfach, doch ein Wechsel stand nie zur Debatte. „Man hat mir beim TSV immer genügend Perspektiven geboten", bekennt Paul Heinz Wellmann, der sich nun aber komplett aus dem operativen Geschäft zurückziehen will. „Ich werde mit der Leichtathletik erst einmal komplett abschließen", so sein Vorsatz. „Man wird dann sehen, was nach ein, zwei oder drei Jahren passiert, ob ich noch einmal Lust habe irgendwo ein bisschen als Trainer zu arbeiten, vielleicht im Nachwuchsbereich. Aber mit Sicherheit nicht im Funktionärsbereich."
Lichtblick und Hoffnungsschimmer: „Als Zuschauer bin ich natürlich weiterhin dabei, so auch im nächsten Jahr bei den Europameisterschaften in Berlin." Schon nächste Woche Samstag wird er am außerordentlichen Verbandstag des Leichtathletik-Verbandes Nordrhein in Duisburg teilnehmen. Dort gehört er bis zur nächsten Neuwahl noch dem Rechtsausschuss an.