"Ich war von Anfang an der Überzeugung, dass die Austragung der Olympischen Spiele in diesem Jahr einfach nicht richtig wäre. Aus medizinischer und gesundheitlicher Sicht. Aus sportlicher Sicht wäre das auch nicht zu vertreten. Wir Sportler können uns nicht olympiagerecht vorbereiten, unsere Sportanlagen sind gesperrt, und wenn die Anti-Doping Agentur deutlich macht, dass aktuell keine Kontrollen durchgeführt werden können, würden zudem auch noch ‚schmutzige Olympische Spiele‘ stattfinden," erklärte die Vize-Europameisterin von Berlin (2018) gegenüber Leichtathletik.de. Aktuell absolviert Pamela Dutkiewicz Bergläufe, läuft viel im Park und baut sich sogar einen Mini-Hürden-Parcours in ihrer Wohnung auf (wir berichteten).
Für die 27-jährige Hürdenspezialistin des TV Wattenscheid ist zurzeit alles unreal. Trotzdem bemüht sie sich um Fassung: "Ich denke gerade an meine Hallensaison, durch die ich mich mit fehlender Form gequält habe, um mich optimal auf den Sommer vorzubereiten, und Erfahrungen für die Olympia-Saison zu sammeln. Aber es war nicht umsonst", sagt Dutkiewicz. Auch wenn ihr jetzt der eigentliche Saisonhöhepunkt fehlt, ist jede Trainingseinheit für sie wichtig, damit sie wieder zu früherer Stärke zurückkehrt.
Angesichts der Corona-Pandemie ist für sie zurzeit nahezu alles ungeklärt. Auch weiß niemand, wie sich die Situation im Laufe des Jahres entwickelt. Eine Option für Pamela Dutkiewicz könnten in dieser Saison eventuell noch die Leichtathletik-Europameisterschaften vom 25. bis 30. August in Paris bilden, bei denen sie ihre Silbermedaille von Berlin verteidigen möchte. Diese kontinentalen Titelkämpfe wurden bisher noch nicht abgesagt. Auf der Internetseite des Veranstalters ist zu lesen, dass es noch verfrüht sei, die Veranstaltung zu verschieben oder abzusagen. Doch für Dutkiewicz stehen jetzt die Olympischen Spiele im kommenden Jahr im Fokus. Für diesen Traum will die angehende Lehrerin in nächster Zeit noch einmal alles investieren.
Für Tatjana Pinto ergeben sich nun viele Fragen
Für Tatjana Pinto (LC Paderborn) bildet der Beschluss des IOC eine nachvollziehbare Entscheidung. Sie hofft, dass ein offizieller Termin für die Verschiebung bald festgelegt wird. Für die letztjährige deutsche Meisterin über 100 Meter und 200 Meter ergeben sich zurzeit mehrere Fragen: "Finden in diesem Jahr noch Wettkämpfe statt? Wie sieht der finanzielle Aspekt aus? Und werden die Vereine, Sponsoren etc. den Athletinnen und Athleten unterstützend zur Seite stehen, soweit es ihnen möglich ist"?
Ihrer Meinung nach gibt es darüber hinaus noch jede Menge Klärungsbedarf: "Das wird sich noch einige Wochen hinziehen. Danach wird sich dann das weitere Vorgehen für uns gestalten lassen", sagt die Top-Atheltin.
Ein echter Paukenschlag
Für ihre Teamkollegin Yasmin Kwadwo war die Verschiebung der Olympischen Spiele ein richtiger Paukenschlag, aber die einzig richtige Entscheidung: "Als Sportlerin bzw. Sportler versucht man, immer alles unter Kontrolle zu haben, und in diesem Fall ist es schlichtweg nicht möglich. Die Vorbereitungen für die Spiele haben sich als sehr schwierig herausgestellt, da alle Sportanlagen geschlossen sind. Daher ist auch das Verletzungsrisiko enorm hoch", sagt Kwadwo.
Die 29-jährige Paderbornerin, die 2009 Doppel- Junioren-Europameisterin war, kommt daher zu der Schlussfolgerung: "Ich bin froh, dass sich das IOC dazu überwinden konnte, jetzt eine Entscheidung zu treffen. Es geht hierbei nicht mehr nur um den Sport, sondern um das Allgemeinwohl der Gesamtbevölkerung.“
In diesem Punkt sind sich die Atheltinnen und Athleten einig. Auch ihre Sprintkollegin Katharina Grompe, die sich ihr Olympiatraining über eine Crowfunding-Kampagne finanziert (wir berichteten), sieht die Verschiebung der Spiele als absolut notwendig an, bleibt aber optimistisch. "Aufgeschoben ist ja zum Glück nicht aufgehoben. Das selbe Feuer, aber ein anderer Zeitpunkt. Ich habe Spaß am Sport und die zusätzliche Zeit kann ich persönlich gut nutzen im Training", sagt die 26-Jährige.
Noch stärker in die Wettkämpfe gehen
Einen Zeitgewinn in der Absage sieht auch Marius Probst vom TV Wattenscheid. Denn eine schwere Verletzung hatte den Mittelstreckenläufer lange Zeit ausgebremst. "Ein sehr komisches Gefühl, dass die Olympischen Spiele nicht stattfinden wie geplant. Aber nach meinem Mittelfußknochen-Bruch wurde mir auch ein bisschen mehr Zeit geschenkt. Daher bin ich auch ein Stück positiv gestimmt, dass ich 2021 noch viele stärker sein kann, als ich es dieses Jahr vielleicht schon wäre", sagt der 1500-Meter-Läufer.
Trotz der historisch einmaligen Situation in der Leichtathletik bleiben die westfälischen Athletinnen und Athleten also positiv. Und schon bald heißt es dann auf ihren sozialen Kanälen: #roadtoTokyo2021