Was kommt für ihn danach, wollten seine ehemalige Langstrecken-Kollegen im Rahmen einer Gesprächsrunde wissen. Wolf-Dieter Poschmann möchte es nach dem Stress der vergangenen Jahre zunächst etwas ruhiger angehen lassen und die zusätzlich gewonnene Zeit mit seiner Frau genießen: „Ich bin überall auf der Welt herumgekommen, kenne aber Deutschland noch nicht richtig. So möchte ich mir meinen lang gehegten Wunsch erfüllen, mit einem Wohnmobil quer durch unser Land zu reisen, denn ich bin beispielsweise noch nie auf Usedom, Rügen oder Sylt gewesen. Auch das Allgäu kenne ich noch nicht richtig. Bei meinen Touren nehme ich dann Laufschuhe, ein Rennrad und einen Golfsack mit. Das wird sicherlich ganz schön lustig werden.“
Über Langweile wird sich der Ex-Langstreckler mit Bestzeiten von 13:35,07 Minuten über 5.000m und 28:28,64 Minuten über 10.000m in Zukunft wahrscheinlich nicht beklagen müssen, denn er wird weiter Studenten unterrichten und sich als Moderator bei Laufveranstaltungen engagieren. So hat er beim Paderborner Osterlauf einen „Vertrag“ auf Lebenszeit.
Falls er nach dem Eintritt in seinen Ruhestand in ein „Loch“ fallen sollte, wird es für ihn sicherlich mehrere Möglichkeiten geben, dort wieder herauszukommen. Konkret hat er allerdings noch nichts geplant. Für das ZDF wird der frühere Sportstudio-Moderator jedoch nicht mehr tätig sein, weil er als Festangestellter mit Eintritt in das Ruhealter ausscheiden muss.
Wolf-Dieter Poschmann hat es für sich als großes Privileg empfunden, in den letzten drei Jahrzehnten von allen Leichtathletik-Großveranstaltungen berichten zu dürfen. Ein Highlight bildete für ihn unter anderem der überraschende 800m-Erfolg von Nils Schumann bei den Olympischen Spielen in Sydney. Danach war er so ergriffen, dass er kurz nach dem Zieleinlauf sein Mikrophon ausschalten musste. Auch der Sensationssieg von Christoph Harting bei den Olympischen Spielen in Rio wird ihm aufgrund seiner Dramatik sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.
Wolf-Dieter Poschmann befürchtet, dass auf die Leichtathletik in Deutschland schwierigen Zeiten zukommen. „Es gibt heute eine Fülle von anderen Sportarten, in denen man wesentlich schneller Erfolg haben kann als in der Leichtathletik. Wir haben früher aufgrund einer vagen Erfolgschance große Opfer erbracht. Das macht heutzutage niemand mehr. Denn wegen der augenblicklichen Arbeitplatzsituation ist das Risiko einfach zu groß.“ Zudem haben seiner Meinung nach die deutschen Langstreckler gegen die vielen Ostafrikaner, die der soziale Hunger nach vorne treibt, kaum noch eine Chance. Auch bei Europameisterschaften hat sich die Leistungskonstellation verändert, da einige Afrikaner inzwischen von europäischen Nationen verpflichtet wurden.
Wolf Jochen Schulte-Hillen, der vor 50 Jahren zusammen mit Harald Norpoth und Franz-Josef Kemper im Rahmen der deutschen Mehrkampfmeisterschaften in Hamm mit 7:01,2 Minuten einen neuen Weltrekord über 3x1000m aufstellte, macht sich ebenfalls Sorgen um die Leichtathletik: „Die Leichtathletik-Berichterstattung in den Medien muss wieder positiver werden. Das Doping-Thema nimmt einen zu großen Raum ein und hat keinen Werbeeffekt auf Kinder und Jugendliche.“ Der inzwischen 72-jährige Ex-Mittelstreckler, der noch weltweit bei dem Aufbau von bestimmten Marken beratend tätig ist, bemerkte, dass die Marke „Leichtathletik“ in Deutschland unter der fehlenden Spitze leidet – und das nicht nur bei Olympischen Spielen. „Wenn beispielsweise bei einem großen Marathon fünf Kenianern mit großem Vorsprung vor dem übrigen Feld laufen, ist das uninteressant für die Zuschauer und demotivierend für unsere Läuferinnen und Läufer. Wie sollen die sich da noch nach vorne kämpfen?", fragte Wolf Jochen Schulte-Hillen. Ohne bessere Förderungssyteme wird seiner Meinung die Kluft im Spitzenbereich immer größer.
Weltspitze ist eine eigene Welt für sich
Der inzwischen 51-jährige Karl Fleschen, der Bestzeiten von 3:36,2 Minuten über 1.500m bis hin zu 1:13:58 Stunden im 25km-Straßenlauf hatte, würde sich heute wahrscheinlich nur noch auf die nationale Spitze konzentrieren, weil ihm der Abstand zur Weltelite inzwischen zu groß wäre und man nicht genau weiß, wie die Leistungen dort zustande kommen.
Karl Fleschen fährt jedes Jahr noch zu den deutschen Jugendmeisterschaften. „Dort erlebe ich noch dieselbe Atmosphäre wie vor 40 Jahren. Die ist noch motivierend und bereitet Spaß. Die Weltspitze ist dagegen eine eigene Welt für sich. Da misst sich auch keiner mehr dran. Daher sind die vielen Straßenläufe in Deutschland in erster Linie nur noch Breitensportveranstaltungen.“
Die Spitzenläufer von einst, die sich in Dortmund trafen, sind inzwischen auch ins Breitensportlager gewechselt. „Ich trainiere nicht mehr, sondern laufe nur noch,“ betonte Wolf-Dieter Poschmann. Das Gleiche gilt für Paul Angenvoorth. Der Marathon-Olympia-Teilnehmer von 1972 und deutsche Marathonmeister 1976 schnürt noch dreimal in der Woche die Laufschuhe. Seine Ehefrau Manuela, die in den 70er Jahren ebenfalls zur deutschen Marathon-Elite zählte, ist froh, nach einer schweren Knieverletzung, die sie sich bei einem Fahrradunfall zuzog, wieder halbwegs schmerzfrei gehen zu können.
Eine beeindruckende Fitness strahlt Karl-Heinz Sievers (74) aus. Der zweifache deutsche Marathonmeister (1966 und 1967) und Olympia-Teilnehmer 1968 ist mit seiner Frau viel zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs. Darüber hinaus reist der frühere Verkaufs- und Vertriebsleiter gerne und ist Kultur interessiert.
Ganz auf das Rad umgestiegen ist vor mehr als 20 Jahren der frühere deutsche 25km-Meister Dirk Sander (60), der sogar auch Rennen fährt und dabei in seiner Altersklasse ganz vorne mitmischt. Karl Mann (68), der eine Marathonbestzeit von 2:17:04 hat, ist täglich laufend oder mit dem Fahrrad unterwegs. Der frühere Darmstädter freut sich, dass sein 17-jähriger Sohn Kilian vor kurzem vom Fußball- in das Leichtathletik-Lager gewechselt ist. Dieter Brand (72) und Falko Will (68), die völlig schmerzfrei sind, laufen noch regelmäßig. Der Lohn für ihr konsequentes Fitness-Programm. Beide haben noch fast ihr früheres Wettkampfgewicht.
Für die musikalische Unterhaltung sorgte der blinde Werner Rathert (80) mit seiner Blech-Gitarre, der 1984 beim Berlin-Marathon die klassische Distanz in 2:35:12 Minuten zurücklegte. Auch seine Fitness ist noch bewundernswert, denn er reiste als Nichtsehender alleine von Bleichenrode nach Dortmund an.
Organisiert hatten das Treffen Till Lufft und Peter Middel. Nun hoffen alle "Oldies" auf eine Fortsetzung. Für ein drittes Meeting soll das vorhandene Adressen-Material erweitert und der Kreis immer mehr vergrößert werden. Denn das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Läufern ist beeindruckend. Dies hat das Treffen in Dortmund gezeigt.