Sportwissenschaftler Lars Lienhard ist führender Experte für neuronal gesteuertes Athletiktraining in Europa. Er gehörte 2014 vor und während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien zum Trainerstab des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In diesem Jahr hat er bereits zum dritten Mal deutsche Top-Athleten auf die Olympischen Spiele vorbereitet, darunter auch mehrere Leichtathleten wie zum Beispiel die beiden Kugelstoßer David Storl und Christina Schwanitz.
Auch LGO-Trainer Uli Kunst hat bereits mit Lars Lienhard zusammengearbeitet. Der Kontakt entstand Ende Juli im Trainingslager der DLV-Sprinter in Kienbaum zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. LGO-Sprinterin Gina Lückenkemper hatte zu diesem Zeitpunkt muskuläre Probleme im Beuger. Mit Hilfe der Übungen von Lars Lienhard wurden diese Probleme in den Griff bekommen, und Gina konnte schmerzfrei nach Brasilien fliegen. „Ich führe bereits seit Jahren bei meinen Athleten ein propriozeptives-neuromuskuläres Training in vielen Bereichen der Koordination durch. Durch Lars Lienhard konnte ich noch viele weitere Dinge über das neuronale Athletiktraining lernen und Übungen ins reguläre Training übernehmen. Auch andere Athletinnen und Athleten aus meiner Trainingsgruppe haben davon bereits profitiert," berichtet Uli Kunst.
Lars Lienhard bezeichnet sich selbst als Neuroathletiktrainer. Der 45-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, sporttechnische Bewegungen durch neuronale, individuelle Maßnahmen so zu verändern, dass Athleten in der Lage sind „den jeweiligen Anforderungen in der jeweiligen Sportart im höchsten Maße Rechnung zu tragen. Mit Handballern wird also Handball trainiert, mit Kugelstoßern wird Kugel gestoßen, und mit Stabhochspringern sollte Stabhochsprung trainiert werden, denn nur hier sind wir im spezifischen athletischen Kontext und können den Anforderungen wirklich gerecht werden. Wir arbeiten durch unseren Ansatz also mehr an der Optimierung der individuellen Technik und spezifischen Performance als man zunächst einem klassischen Athletiktrainer zusprechen würde," erklärt Lars Lienhard.
Sich wiederholende Verletzungen sollen vermieden werden
Dabei geht es auch darum, Verletzungen vorzubeugen oder Rehamaßnahmen zu begleiten, um sich wiederholende Verletzungen zu vermeiden. Das Gehirn und das Nervensystem werden hier als zentrale Elemente der Bewegungssteuerung im Training miteinbezogen. „So können große und bislang noch nicht genutzte Leistungsreserven des Athleten aktiviert und viele bewegungsinduzierte Verletzungen präventiv vermieden werden," erzählt Lars Lienhard und erläutert dies an einem Beispiel: „Wenn es zu einem Beckenschiefstand kommt, sind in den meisten Fällen alle bewegungssteuernden Systeme beteiligt. Wenn zum Beispiel eine Körperseite dem Gehirn mehr und präzisere Informationen liefert als die andere oder wenn ein Auge beziehungsweise ein Teil des Gleichgewichtssystems deutlichere und präzisere Informationen liefert als die übrigen, werden diese auch mehr benutzt. Folge: Der Körper verdreht sich. Der Schiefstand ist also abhängig von Aktivitätsmustern im Gehirn."
Und eben auf jene Aktivitätsmuster und die dadurch im Körper zu findenden Kompensationsmuster geht er mit seinem neuroathletischen Ansatz ein: „Bei immer wiederkehrenden Verletzungen liegen immer auch neuronale Steuerungsprobleme im Hintergrund vor. Man kann eben erst von einem erfolgreichen Rehabilitationsprozess sprechen, wenn auch die 'Software', die hinter der Verletzung steht, mit korrigiert wurde."
Darüber und zu vielen weiteren Themen wird Lars Lienhard beim LGO-Trainerwochenende im SportCentrum Kamen•Kaiserau in einem mehrstündigen Vortrag referieren und praktische Tipps an die LGO-Trainerinnen und -Trainer weitergeben.