Das Führungstrio hatte vor 20.000 Zuschauern entlang der Strecke während des gesamten Rennens dicht zusammen gelegen. „Auf den letzten Metern kam mir zugute, dass ich von den kürzeren Distanzen komme, daher habe ich mich in erster Linie auf den Spurt beschränkt,“ erläuterte Leif Gunkel seine Taktik. Der Dortmunder, der 2016 unter anderem 14:20,69 Minuten über 5.000m erzielte, zog sich aufgrund seiner defensiven Taktik den Ärger seiner beiden Wegbegleiter zu, doch der Schützling von Pierre Ayadi entgegnete: „Ich habe im Herbst mein Medizinstudium in Göttingen begonnen. Zusammen mit dem Umzug war das eine enorme Umstellung für mich. Ich bin beim Silvesterlauf mitgelaufen, weil ich in erster Linie Spaß haben wollte. Als ich dann zum Schluss noch dran war, habe ich natürlich meine Chance wahrgenommen,“ kommentierte der Überraschungssieger sein Rennen.
Robert Weldemichael, der im Vorjahr Dritter in 47:10 Minuten war, erreichte dieses Mal als Zweiter den Marktplatz in Soest. Der 24-Jährige flüchtete vor zwei Jahren aus Eritrea nach Deutschland und hat inzwischen in Westerholz in der Nähe von Paderborn einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. Mit dem Laufen begann er im Sommer 2015. „Mit meiner heutigen Leistung bin ich sehr zufrieden, auch wenn ich langsamer als 2015 war. Ich habe mir aber im Sommer eine Schienbeinverletzung zugezogen, die mir sehr zu schaffen machte. Das hat mich enorm zurückgeworfen,“ berichtete der gebürtige Eritreer.
Dominik Fabianowski (ASV Köln), der erst tags zuvor für den Lauf nachgemeldet hatte, zeigte sich mit seinem dritten Platz in 47:00 Minuten zufrieden, nicht jedoch mit dem Rennverlauf: „Der Lauf war für mich viel zu unruhig. Leif Gunkel war heute der Bessere, aber für Robert und mich wäre es natürlich besser gewesen, wenn er uns auch einmal unterstützt hätte.“
Der 26-jährige Kölner, der den Silvesterlauf 2011 (45:45 Min.) und 2013 (47:43 Min.) schon gewonnen hatte, konnte nach einer Virusinfektion ein halbes Jahr nicht trainieren. Ende November gewann er bei den Crossmeisterschaften des LV Nordrhein in Wesselling den Titel auf der Männer-Langstrecke. Danach absolvierte er einen Ausdauerblock. Seine längste Distanz war dabei 40 Kilometer. Die Weihnachtsfeiertage verbrachte er in Polen. Noch zwei Tage vor dem Silvesterlauf führte er ein hartes Bergtraining in Wolice (Polen) durch.
„Wie es aussieht, bin ich mit einem blauen Auge davongekommen. Die Viruserkrankung, die seit Januar 2016 in meinem Körper grassierte, habe ich überwunden und ich bin wieder voll belastbar,“ zeigt sich der Marathon-DM-Zweite von 2014 wieder voller Optimismus. Dominik Fabianowski hat trainings- und wettkampfmäßig einen großen Nachholbedarf. Daher geht es für ihn bereits am 3. Januar ins Trainingslager nach Südafrika.
Laura Hottenrott siegt souverän bei den Frauen
Bei den Frauen konnte Laura Hottenrott bei Deutschlands größtem Silvesterlauf erwartungsgemäß ihren Vorjahreserfolg wiederholen. Der 24-jährigen Langstrecklerin des GSV Eintracht Baunatal gelang ein souveräner Start-Ziel-Sieg in 55:00 Minuten vor Tatjana Schulte (LC Paderborn, 55:57 Min.) und Angela Moesch (LG Deiringsen, 58:01 Min.).
Für Laura Hottenrott war das Erlebnis wichtiger als das Ergebnis: „Meiner Meinung waren dieses Mal sogar noch mehr Zuschauer an der Strecke als 2015. Sie haben mich pausenlos angefeuert. Auch die vielen Musikgruppen haben mich richtig gepusht. Ich bin die gesamte Strecke weitgehend allein gelaufen. Da konnte ich jede Unterstützung gut gebrauchen.“
Zum Jahresabschluss hatte die alte und neue Silvesterlaufsiegerin mehrere attraktive Startangebote vorliegen. Wegen der großartigen Atmosphäre entschied sie sich jedoch bewusst für Werl/Soest.
Mit ihrem Sieg auf der Strecke entlang der Bundesstraße 1 schloss die blonde Nordhessin ein für sie recht erfolgreiches Jahr ab. So verbesserte sie sich als DM-Zweite über 10.000m auf 33:43,41 Minuten und ließ bei ihrem Halbmarathondebüt in Köln mit respektablen 1:15:15 Stunden aufhorchen.
In den vergangenen Wochen beendete sie erfolgreich ihr Bachelor-Studium im Fach Biologie in Boston (USA). Inzwischen hat sie sich an der Sporthochschule Köln für den Masterstudiengang Exercise Science and Coaching, bei dem es um die körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen und deren Optimierung geht, eingeschrieben. Sportlich wird sie ihren Fokus 2017 auf den 10.000m-Lauf beziehungsweise auf die Halbmarathonstrecke legen. Vielleicht kommt in den nächsten Jahren auch noch der Marathonlauf hinzu.
Insgesamt 6.500 Läuferinnen und Läufer (einschließlich der Rahmenwettbewerbe) starteten bei der Traditionsveranstaltung. Wie in den Vorjahren kam ein Teil des Startgeldes wieder einem guten Zweck zugute. Die Gesamtspenden-Summe der 1982 erstmals durchgeführten Veranstaltung beläuft sich nach der 35. Auflage nun auf mehr als 1,3 Millionen Euro.