Am vergangenen Sonntag hat er bei seinem Lauf keinen Zweifel daran gelassen und mit Bravour die 42.195 km bei widrigsten Umständen in der fantastischen Zeit von 3:39:54 h den Marathon abgespult. Selbst ein Sturz bei Kilometer 34 mit einer Schulterverletzung konnte den Mann vom LC Rapid Dortmund nicht stoppen. Die Schulterverletzung erwies am Abend nach dem Rennen als Bruch. Klemens Wittig steckte bei seinem Rekordlauf so voller Adrenalin, dass er seine großen Schmerzen halbwegs ertragen konnte.
Bei seiner erstklassigen Vorstellung unterbot der unverwüstliche Lauf-Oldie ganz erheblich die deutsche Bestleistung von Dr. Heinrich Gutbier aus dem Jahre 2003 (3:50:55 h) und den Europarekord von 3:46:03 h des Italieners Antonio Cabaneto aus dem Jahre 2011 um ganze sechs Minuten. Seine Zeit bedeutet aber auch gleichzeitig den drittschnellsten Marathon der Welt in der M 80.
Motivation gab es genug, denn der Hessische Rundfunk hatte ihn in seine Fernsehübertragung mit einem Interwiev und der Begleitung vom Start bis zum Zieleinlauf einbezogen. Bereits am Samstag bei der obligatorischen Nudelparty und dem Symposium mit anderen Athleten durfte er mit den ganz Großen der Marathonszene residieren.
„Dass ich einmal erfolgreicher Langstreckler werden würde, hätte ich im Traum nicht gedacht. Bei meinem ersten 5.000 m-Rennen in Riesa beim Sportfest der Ingenieurschule musste ich nach 3.500 m wegen erheblicher Seitenstiche aufgeben", berichtete Wittig schmunzelnd.
Erst mit 40 Jahren begann er mit dem Laufen im Rahmen der damaligen „Trimm-Dich-Aktion“ und mit 49 Jahren folgte dann der erste Marathon in 3:18 h in Duisburg. Den zweiten Marathon in Bertlich legte er in 3:04 h hin und bereits „der Dritte in Essen hat mit 2:58 h gesessen!“. Anschließend folgten viele Städtemarathons in Deutschland und fast immer unter drei Stunden. Seine Bestzeit erzielte er in Hannover mit 2:50,16 h in der M 55. Danach standen bei ihm die „Großen“ Marathons wie Berlin, London und New York an, allesamt unter drei Stunden im Jahre 1991. Aber auch die klassische Distanz von Marathon nach Athen (1. M 60) sowie der Traumlauf auf Honolulu (2. M 65) wurden von ihm erfolgreich absolviert.
Erst in der Kotegorie M 70 griff Klemens Wittig international in die Wettkämpfe in Riccione/Italien ein und errang auf Anhieb neben 5.000 m und 8.000 m-Cross auch im Marathon seine dritte Goldmedaille. Zwei Jahre später in Lathi wurde es Gold im Team und die Vize-Weltmeisterschaft im Einzel. In Ljubliana sowie in Zittau im Dreiländereck wurde er jeweils Europameister und setzte den Glanzpunkt in der M 75 in München mit dem Europarekord in 3:17:39 h und dem bisher ebenfalls zweitschnellsten Marathon in dieser Altersklasse.
Bereits fünf deutsche Meistertitel
Bisher ist er nun fünfmal Deutscher Marathonmeister und hält die Deutschen Bestleistungen in der M 75 und M 80. Eine ähnliche nationale und internationale Bilanz kann Wittig auch über den Halbmarathon mit Welt- und Europameistertiteln vorweisen. Neben den langen Distanzen läuft der nimmermüde Oldie Klemens Wittig aber auch alle anderen Strecken sehr erfolreich. So ist er in diesem Jahr unterer anderem auch Deutscher Hallenmeister über 400 m geworden und hat bereits zehn deutsche Bestleitungen von 1.000 m bis zum Marathon errungen.
Auf seinem Gesamtkonto stehen 41 Deutsche-, 22 Europa- und 24 Weltmeisterschaftstitel. „Eigentlich bin ich mit 80 Jahren genug gerannt und es könnte Schluss sein mit so langen Läufen wie dem Marathon. Wären da nicht meine Enkel, die mit mir in der M 100 den Marathon mitlaufen wollen, auch wenn sie mich ziehen müßten“, plauderte Wittig aus dem Nähkästchen.