Jugendgruppen des Paderborner Vereins hatten die KZ-Gedenkstätten in Sachsenhausen und Ravensbrück besucht. “Die Erinnerung an Naziterror und Holocaust wachzuhalten, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe”, sagt Reinhard Grindel. “Ich finde es besonders bemerkenswert, dass sich Aleviten dem Kampf gegen Antisemitismus in unserer Gesellschaft widmen.”
“Juller” Hirsch hatte 1910 zu den talentiertesten Stürmern des Landes gezählt. Der deutsche Nationalspieler jüdischen Glaubens wurde mit dem Karlsruher FV und der Spielvereinigung Fürth Deutscher Meister. Nach der Machtergreifung der Nazis begann für Julius Hirsch – wie für Millionen anderer Opfer der verbrecherischen Nationalsozialisten – ein Leidensweg, auf dem er gedemütigt, entrechtet, verfolgt und ermordet wurde. 1943 wurde Julius Hirsch in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und kehrte nicht mehr zurück. Der Preis in seinem Namen wird seit 2005 vom DFB und der Familie Hirsch verliehen.
Jurymitglied Charlotte Knobloch, die langjährige Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses und seit 1985 Präsidentin der Jüdischen Kultusgemeinde in München, sagt: “Antisemitismus, Rassismus und Fremdenhass sind heute Probleme, die bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen sind. Es ist daher auch die Aufgabe aller gesellschaftlichen Akteure, gegen sie vorzugehen. Dem Fußball als verbindendem Element unseres Landes kommt hierbei natürlich eine besondere Rolle zu. Ich freue mich daher, dass der DFB als Dachverband des deutschen Fußballs seiner Verantwortung in so umfassendem Maße gerecht wird. Dies geschieht nicht allein über den Julius Hirsch Preis, sondern auch über vielfältige andere Maßnahmen und das weitreichende Engagement des DFB. Diese klare Positionierung gegen Judenhass und Rassismus begrüße ich außerordentlich und hoffe, dass viele andere diesem Beispiel folgen.”
Den Preis entgegennehmen wird der SC Aleviten Paderborn auf einer Gala am 18. November im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. Der Verein zeigt ein bemerkenswertes gesellschaftliches Engagement, etwa durch Aktionen für Kinder aus sozial schwachen Familien. Mehr als zwei Drittel der 600 SC-Mitglieder haben einen Migrationshintergrund. “Bei uns”, sagt der Vereinsvorsitzende Verani Kartum, “ist das Boot nie zu voll.” Der renommierte Journalist und Präsident des kommenden Evangelischen Kirchentages, Hans Leyendecker, hält die Laudatio bei der Preisverleihung in Dortmund.
25 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren nahmen teil an den in Partnerschaft mit dem deutsch-polnischen Jugendwerk organisierten fünf- und sechstägigen Gedenkstättenfahrten. Die Paderborner Jungen und Mädchen übernachteten gemeinsam mit einer polnischen Jugendgruppe in Oranienburg. Vor Ort besuchte man die ehemaligen Konzentrationslager, anschließend recherchierte man in Kleingruppen Biografien, besprach das Erlebte und ließ sich auch noch genügend Zeit für andere Freizeitaktivitäten mit der polnischen Jugendgruppe. Wieder zu Hause angekommen, organisierten die Paderborner Jugendlichen einen Vortrag für die Eltern. Verani Kartum sagt: “Wir wollten unseren Jugendlichen ein Lernen aus der Geschichte für eine gemeinsame europäische Zukunft ermöglichen.”
Der zweite Preis geht an Hertha BSC. Der Bundesligaklub wird nach 2012 ein weiteres Mal ausgezeichnet. “Aufgrund der Vielfalt und Qualität der Bewerbungen zeichnet die Jury nur in Ausnahmefällen Preisträger noch mal aus, doch das Berliner Engagement hat eine beeindruckende Erweiterung und Vertiefung erfahren”, sagt Olliver Tietz, Projektleiter für die Vergabe des Preises. 2016 fand eine Fahrt von Hertha-Fans in Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt der Sportjugend Berlin und der Sportschule im Olympiapark in die KZ-Gedenkstätte Auschwitz statt. Dabei setzte man sich mit der Lebensgeschichte des ehemaligen Vereinsarztes Dr. Herman Horwitz auseinander.
Der dritte Preis geht an das Fanprojekt Bochum, das – ausgelöst durch rassistische Vorfälle – die “AG Erinnerungsorte Bochum” gegründet hatte. Im April 2018, einen Tag vor der Feier zum 80. Gründungstag des VfL Bochum, erschien die 48-seitige Broschüre “1938 – nur damit es jeder weiß”.