Für den scheidenden Clemens Prokop, in dessen Amtszeit 15 internationale Meisterschaften fielen, bildeten Fairness und Sauberkeit im Sport Leitlinien seines unermüdlichen Handelns. Viele Jahre war der frühere Weitspringer (Bestweite: 7,69m) Vorreiter im Anti-Doping-Kampf und machte sich stark für das Anti-Doping-Gesetz. Zudem führte er den Verband mit einer großen wirtschaftlichen Verantwortung und übergab ihn wirtschaftlich gesund an seinen Nachfolger Jürgen Kessing. Dank seiner geschickten Verhandlungsführung beschaffte Clemens Prokop unter anderem dem DLV einen Ausrüstervertrag, durch den der Verband zehn Jahre lang grundfinanziert wird.
DLV-Ehrenpräsident Theo Rous würdige in seiner humorvollen vorgetragenen Laudatio die Verdienste des langjährigen DLV-Chefs. Und er wählte ein treffendes Bild. „Den DLV zu führen", so Theo Rous, „gleicht der Aufgabe, eine Wandergruppe, bestehend aus Briefträgern, Hochschullehrern, Sumoringern, Pilzsammlern und Zeugen Jehovas bei Nacht und Nebel durch unwegsames Gelände zu führen, und zwar so, dass alle bei selbst bestimmter Wegführung an einem selbst bestimmten Zielort pünktlich ankommen, wobei Irrwege und Verzögerungen dem Wanderführer angelastet werden".
Theo Rous wies darauf hin, dass Clemens Prokop neben seinen vielen Fähigkeiten und Talenten auch die Kunst des Orgelspielens beherrschte. So hat er zuweilen im Regensburger Dom den Organisten vertreten. Rous scherzte: „Diese Kunst, viele kurze und lange, laute und leise, dicke und dünne Pfeifen zu einem Ganzen zu führen, ist Clemens Prokop auch als DLV-Präsidenten gelungen".
Die kritische Stimme im Sport wird auch in Zukunft nicht verstummen, denn Clemens Prokop wurde per Akklamation von den Delegierten zum Ehrenpräsidenten ernannt. Zudem wird er als Cheforganisator der Leichtathletik-Europameisterschaften vom 6. bis 12. August in Berlin der Olympischen Sportart verbunden bleiben.
„Sprung in die Zukunft“ – unter diesem Motto stand der 47. DLV-Verbandstag. Clemens Prokop zog eine Parallele zu seiner Weitsprungkarriere. „Wir müssen immer wieder Anlauf nehmen, um den Sprung in die Zukunft zu schaffen". Für ihn bildet die Leichtathletik den gelebten Traum, mit legalen Mitteln Leistungsgrenzen zu verschieben. Dabei ist die Ethik im Sport für ihn nicht verhandelbar. Bei Fairness und Sauberkeit darf es für ihn keine Kompromisse geben. Er bat die Anwesenden, den kulturellen Schatz weiter zu pflegen und zum Leuchten zu bringen.
Sein Nachfolger Jürgen Kessing weiß, dass er in große Fußstapfen treten wird, aber er stellt sich der neuen Aufgabe. So möchte der Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen den Anti-Doping-Kampf weiter fortführen. Darüber hinaus möchte er sich in die Strukturen der DLV-Geschäftsstelle in Darmstadt einarbeiten und sich in die bereits auf Hochtouren laufenden Vorbereitungen für die Europameisterschaften vom 6. bis 12. August in Berlin einbinden. Langfristig hat sich Jürgen Kessing zum Ziel gesetzt, die Mitgliederzahl im DLV von derzeit 800.000 auf eine Million zu erhöhen.
Es wird etwas unruhiger werden im Leben des neuen DLV-Präsidenten
Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an der DLV-Verbandstag wurde der 60-jährige Familienvater zweier Töchter gefragt, wie er die Doppelbelastung als Oberbürgermeister und DLV-Präsident meistern wolle. „Ich bin mir bewusst, dass es in meinem Leben etwas unruhiger werden wird. Allerdings bin ich in der glücklichen Lage, meine Terminplanung selbst bestimmen zu können. Zudem habe ich als Oberbürgermeister einen Vertreter, und auch beim DLV werde ich Arbeiten delegieren müssen. Anders geht es nicht", betonte Kessing, der sich in der Leichtathletik nicht nur als Aktiver, sondern auch als DLV-A-Trainer Sprung am Leistungsstützpunkt Mannheim Anerkennung erworben hat.
Bei seiner neuen Aufgabe kommt ihm das Verhandlungsgeschick, das er sich im Laufe der Jahre als Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen und Dessau (2001 bis 2004) erwarb, sicherlich zugute. „Das ist Problem ist jedoch", so Kessing, „dass die Menschen heutzutage immer weniger kompromissbereit sind. Alles umsetzen zu wollen, ist daher eine Utopie".
Trotz seiner Doppelbelastung hofft der frühere Zehnkämpfer und Stabhochspringer, selbst noch ein wenig Sport treiben zu können. Zu seinen eigenen sportlichen Aktivitäten zählen Joggen, Radfahren und ein leichtes Krafttraining. Kessing, der mehr als eine Legislaturperiode den DLV führen möchte, steht in den kommenden Jahren eine starke Mannschaft zur Seite. So wurden Jochen Schweitzer (Vizepräsident Finanzen), Heinz König (Vizepräsident Wirtschaft), Dr. Hartmut Grothkopp (Vizepräsident Leistungssport), Dr. Matthias Reick (Vizepräsident Allgemeine Leichtathletik), Prof. Dr. Arne Güllich (Vizepräsident Bildung und Wissenschaft) und Frank O. Hamm (Vizepräsident Wettkampforganisation und Veranstaltungsmanagement) neu gewählt oder in ihren Ämter bestätigt. Die Iserlohnerin Dagmar Freitag schied nach 17 Jahren aus dem DLV-Präsidium aus. Die Bundestagsabgeordnete hat während ihrer Amtszeit national und international viele Türen geöffnet.
24-köpfige westfälische Delegation in Darmstadt
Im Rahmen des Verbandstages wurde Gesa Felicitas Krause für ihre Fairness und bewundernswerten Kampfgeist mit dem DLV-Ehrenschild ausgezeichnet. Die Hindernis-Europameisterin ist die erste Athletin, die diese Ehrung erhielt. Krause berichtete, dass sie in der Übergangsphase zwischen Sommer und Winter zuerst mit ihren Eltern Urlaub in Frankreich machte und anschließend mit ihrem Freund auf Bali war. „Ich bin gesund und mental gut drauf. Die zwei Wochen absolute Pause haben mir gut getan, aber es war schwierig, danach wieder anzufangen", berichtete die sympathische Hindernisspezialistin.
Nun fokussiert sie sich ganz auf die EM in Berlin: „2009 war ich bei der WM als Zuschauerin dabei. Das Stadion hat etwas Magisches. Das Ziel Berlin motiviert mich im Training täglich aufs Neue. 2018 werden die Karten neu gemischt, aber ich möchte bei der Heim-EM meinen Titel verteidigen".
Gesa Felicitas Krause nahm anschließend gemeinsam mit Siebenkämpferin Claudia Salman-Rath (LG Eintracht Frankfurt) und Frank Kowalski, Geschäftsführer der Berlin 2018 Europameisterschaften, an einer von Volker Hirth moderierten Talkrunde teil. Thema war die EM in Berlin. „Die Vorbereitungen laufen hervorragend. Die Athleten sollen sich bei uns wie zuhause fühlen. Sie werden alles fußläufig erreichen können", sagte Kowalski über den aktuellen Stand. Geplant ist. die Leichtathletik mit Events in die Stadt zu den Menschen zu bringen. So werden unter anderem die Siegerehrungen außerhalb des Stadions durchgeführt.
Frank Kowalski hat sich ein ehrgeiziges Ziel vorgenommen. So soll die EM insgesamt 350.000 Zuschauer ins Berliner Olympiastadion locken. „Bisher sind schon so viele Tickets verkauft worden wie noch vor keiner anderen EM. Das stimmt uns zuversichtlich", betonte der EM-Cheforganisator.
Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) war in Darmstadt mit einer 24-köpfigen Delegation vertreten. Angeführt wurde die Gruppe von FLVW-Präsident Gudolf Walaschewski und FLVW-Vizepräsident Peter Westermann. Zur westfälischen Delegation zählte auch Geschäftsführer Wilfried Busch.