„Just for Fun“ – so startete die Leichtathletik Karriere von Leni Otte. Im Alter von sieben Jahren nahm sie, auf Anraten ihres Vaters, ohne Training einfach aus Spaß an einem Leichtathletik-Wettkampf teil, der sehr gut verlief. Für Lenis Vater nicht überraschend, früh erkannte er ein Talent in seiner Tochter. Ähnlich wie ihr Vater, selbst deutscher Meister und EM-Teilnehmer in der Leichtathletik, fand Leni Gefallen am Springen, Werfen und vor allem Laufen. Eine große Liebe war geboren. Im SV Teuto Riesenbeck, dem Verein in ihrer Heimat, begann sie in den Leichtathletik-Gruppen der Jüngsten sich spielerisch den verschiedenen Disziplinen zu nähern.
Sieben Jahre sind seitdem vergangen, Leni Otte, mittlerweile 15 Jahre alt, ist nicht nur der Leichtathletik treu geblieben, sondern hat den Eindruck, den ihr Vater bereits vor dem ersten Wettkampf hatte, mehrfach bestätigt. Spezialisiert auf Hürdenlauf und Sprint, gelegentlich zudem noch im Weitsprung aktiv, konnte die Schülerin schon einige Erfolge feiern. 2018 durfte sie als 13-Jährige im älteren Jahrgang starten – und wurde direkt NRW-Meisterin im Hürdensprint und über 100 Meter. An sich schon beeindruckend, gesteigert aber noch von der erfolgreichen Titelverteidigung 2019. „Das waren die Erfolge, auf die ich am meisten stolz bin“, berichtet Leni im Gespräch.
Erfolge, die ohne harte Arbeit nicht möglich sind. Was braucht man also aus der Sicht einer Nachwuchsathletin, um erfolgreich in der Leichtathletik zu sein? „Im Hürdensprint muss einfach immer alles passen – die Bewegungsabläufe, Koordination, Kondition. Man muss das Talent mitbringen, all das auf einmal steuern zu können“, erklärt sie. „Außerdem ist Angst ein schlechter Begleiter. Mutig auf die Hürden zu rennen, keine Angst haben, da reinzulaufen, ist wichtig.“ Drei bis vier Trainingseinheiten sind im Idealfall pro Woche für Leni zu absolvieren, um sich genau darin weiter zu entwickeln.
Sport und Schule – Koordination ist nicht immer einfach
Im Idealfall, da für Leni die Schule ebenfalls Priorität hat, muss das Training schon mal der Vorbereitung für Klausuren oder den Hausaufgaben weichen. „Ich bin jetzt in der neunten Klasse, habe einen relativ vollen Stundenplan. Da ist es nicht so einfach, Sport und Schule unter einen Hut zu bekommen“, berichtet Leni. Im Umfeld ihres Heimatortes Riesenbeck war es schwierig, nach der Schule an den Schreibtisch, dann zum Training und anschließend wieder an die Schulbücher zu müssen. Um sich sportlich weiter so zu entwickeln wie bisher, waren aber mehr Trainingseinheiten in der Woche notwendig. Sportlich kürzer treten kam nicht in Frage, zu groß ist der Ehrgeiz. Weniger lernen ist aber natürlich auch keine Option. „Der Wechsel an das Sportinternat in Bochum-Wattenscheid und zum TV Wattenscheid 01 eröffnete daher die Möglichkeit, um näher dran zu sein und einen koordinierten Plan zwischen Schule und Sport zu haben“, sagt die 15-Jährige. „Hier habe ich optimale Bedingungen, um Schule und Training zeitlich gut verbinden zu können, deshalb war es der richtige Schritt.“
Was sagen denn die Schulfreunde, wenn Leni kaum Zeit hat, um sich neben dem Sport verabreden oder mal etwas anderes machen zu können? „Meine besten Freunde, die keine Leichtathleten sind, fragen natürlich schon mal, warum ich zum Beispiel nicht zu einer Party komme. Aber es verstehen alle und unterstützen mich. Meine beste Freundin hat mir zum Westfalenrekord, den ich aufgestellt habe, einen Kuchen gebacken – das war natürlich toll“, berichtet sie. Unterstützung, die Leni genauso von zu Hause erfährt. Die gesamte Familie ist in der Leichtathletik sportlich verwurzelt, der Vater, wie beschrieben als ehemaliger EM-Teilnehmer, wie auch die Großeltern, die beide begeisterte Marathonläufer und Ehrenamtler im Leichtathletik-Verein waren. Dass der eigene Vater bei Wettkämpfen tatkräftig unterstützt, muss wohl kaum erwähnt werden.
Ist man in der Leichtathletik so verwurzelt, weiß man sicher, was die „Faszination Leichtathletik“ ausmacht, oder? „Die Vielfalt“, antwortet Leni. Ein Motiv, das fast alle Leichtathleten zu unterschreiben scheinen, warum das so ist, erklärt sie auch: „Jeder hat ein kleines Talent – egal wie man drauf ist, aussieht oder sonst irgendwas. Jedes dieser Talente kann man in irgendeiner Disziplin in der Leichtathletik wiederfinden und gebrauchen!“ Zum einen fasziniert sie dieser Facettenreichtum, zum anderen der Zusammenhalt, der zwischen unterschiedlichsten Menschen durch die gemeinsame Begeisterung für den Sport entsteht.
„Talentförderung ist einer der Erfolgsfaktoren“
Facettenreichtum ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Nachwuchsarbeit des FLVW. Dank einer nunmehr vierjährigen Kooperation mit seinem Partner goldgas, kann der Verband die Nachwuchstalente auf ihrem Weg ins Leistungssportlerleben fördern. Die Unterstützung des Energieversorgers ermöglicht es der westfälischen Leichtathletik, jährlich das „goldgas Talent-Camp“ durchzuführen. Über vier Tage werden Nachwuchsathletinnen und -athleten auf ihre Stärken wie Schwächen getestet, Leistungsdiagnosen erstellt und die Besten unter ihnen für die weitere Förderung ausgewählt. Diese besteht dann aus den Kaderlehrgängen des „goldgas Talent-Teams“. Die besten Athletinnen und Athleten aus Westfalen werden hier an den Leistungssport herangeführt. Neue Ideen oder Vorschläge von den Kadertrainern, Einheiten zum Leistungssportlerleben neben dem Sportplatz wie moderne Trainingsbedingungen sind die Vorzüge, die die intensive Kooperation ermöglicht.
Nach dem Talent-Camp 2019 in Paderborn wurde Leni Otte in den Nachwuchskader des Talent-Teams berufen. „Es ist ein Impuls, eine Motivation für einen selbst, an diesen Lehrgängen teilnehmen zu dürfen“, erklärt sie die für sie wichtigsten Vorzüge. „Ich lerne neue Sportler und Trainer kennen, erhalte neuen Input, kann meine Trainingsabläufe mit denen der anderen vergleichen und bekomme so ganz neue Eindrücke. Auch die Trainer, die andere Blickwinkel haben als der Heimtrainer, helfen bei der Entwicklung.“ Zu einem Erfolg, so Leni, gehört immer eine Vielzahl an Faktoren. Einer davon ist mit Sicherheit die Förderung im „goldgas Talent-Team“, wie sie meint.
Vielleicht ist es mit 15 Jahren noch etwas zu früh, um weit in die Zukunft zu schauen, wir wollen trotzdem wissen, was Leni sportlich, eventuell auch schon beruflich, für ihre Zukunft plant. „In diesem Jahr hätte ich das erste Mal bei den deutschen Meisterschaften antreten dürfen und hätte dort im Hürdensprint gerne eine Medaille mitgenommen“, erklärt sie selbstbewusst. Im 100-Meter-Sprint war das Ziel, zumindest den Endlauf zu erreichen. Die Coronapandemie mit den monatelangen Einschränkungen und am Ende der Absage der Deutschen U16-Meisterschaften hat das verhindert. Deshalb müssen die kurzfristigen Ziele in das Jahr 2021 verschoben werden, in dem Leni als jüngerer Jahrgang der U18 zeigen möchte, dass sie den direkten Anschluss in den Spitzenbereich der höheren Altersklasse finden kann. „Ganz langfristig möchte ich regelmäßig an internationalen Wettkämpfen teilnehmen, natürlich mit dem großen Ziel, Olympia als Teilnehmerin kennen lernen zu dürfen“, schließt sie ab. Wenig überraschend daher, dass ein Leben als Leistungssportlerin, neben einem möglichen Studium, sehr gut in ihre Vorstellungen für die Zukunft passt. Konkrete Planungen in eine Richtung gibt es aber noch nicht, das wäre auch zu früh, wie Leni Otte befindet.
„Meine Motivation für den Sport, meine Ziele zu erreichen – das treibt mich an“, berichtet sie. „Natürlich sind es meine Freunde, meine Familie, die mich unterstützen, die dazu beitragen, dass ich immer mein Bestes geben kann und will!“