Gleich zwei westfälische Vereine mit dem Julius Hirsch Preis ausgezeichnet

75 Jahre nach der Auschwitz-Deportation des deutschen Nationalspielers Julius Hirschs wurde am Sonntagabend im Deutschen Fußballmuseum vor rund 300 Gästen die nach ihm benannte Auszeichnung verliehen. Eine große Bühne – für den SC Aleviten aus Paderborn, der für seine Arbeit gegen das Vergessen mit dem ersten Preis und das Fanprojekt Bochum, das mit dem dritten Platz ausgezeichnet wurde.

„Du bist ein Mensch, ich bin ein Mensch. Da werden wir ja wohl miteinander klar kommen können“, sagte der 15-jährige Mohamed auf der Bühne und brachte auf den Punkt, wofür der Julius Hirsch Preis steht. Er war einer von gut 30 Jugendlichen die Verani Kartum, der Vorsitzende des SC Aleviten Paderborn, mit auf die Bühne brachte. „Schließlich geht es hier um meine Jungs“, betonte er. Und alle im großen Saal des Fußballmuseums zeigten sich beeindruckt von „seinen Jungs“ und der Arbeit, die in Paderborn geleistet wird. Zweimal schon fuhr der Club mit Jugendgruppen nach Oranienburg in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück. „Wege der Erinnerung“ heißt das Projekt, mit dem der Kreisligaverein den Jugendlichen die deutsche Geschichte vermittelt. „Vor der Fahrt kannte ich die Geschichte gar nicht“, sagt Tharik, ein 13-jähriger Spieler des SC Aleviten. „Im Lager hat man den Juden gesagt, dass jetzt erstmal alle duschen gehen müssen, danach kriegen alle ein Zimmer. Und dann kam Gas aus den Duschköpfen“ – gelebte Geschichtsvermittlung, die weder Tharik noch sonst einer seiner Mitspieler jemals vergessen wird. Aber diese „Wege der Erinnerung“ sind längst nicht alles, was die Aleviten bewegen. Neben den Sportmöglichkeiten gibt es Angebote zu gesellschaftlichen, kulturellen oder religiösen Anlässen. Hans Leyendecker, Journalist und Präsident des Evangelischen Kirchtages 2019 in Dortmund übernahm es in Dortmund, die Laudatio auf den Paderborner Kreisligaklub zu halten. "Die Arbeit des Vereins gibt unserer Gesellschaft Halt. Lasst uns das anständige Tun, auch wenn es keiner sieht“, so Leyendecker.

Neben dem Zweitplatzierten, dem Gemeinschaftsprojekt rund um Hertha BSC,  freute sich auch das Fanprojekt Bochum sehr über die Anerkennung. In einer 48-seitigen Broschüre hat das Fanprojekt die Geschichte des VfL in der Nazi-Diktatur aufgearbeitet, Stadtrundgänge zu den Orten angeboten, an „denen schreckliches passierte“, sagt Florian Kovatsch vom Fanprojekt. Er versprach: „Wir sind noch lang nicht fertig. Wir werden die Broschüre neu herausbringen und auch unseren Stadtrundgang erweitern. Wir haben viele Menschen erreicht und werden noch mehr erreichen.“

Bewegt zeigte sich auch der Präsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Gundolf Walaschewski. „So viele Menschen zu sehen und zu hören, die sich für andere einsetzen, die gegen das Vergessen stehen und Verantwortung übernehmen, sich gegen Rassisten stellen, das macht auch mir persönlich Mut“, so Walaschewski.

In seinem Lob an die Erinnerungsarbeit aller Preisträger fasste es DFB-Präsident Reinhard Grindel zusammen: "Das Alles ist keine Selbstverständlichkeit, kein Ritual und keine Routine. Mit diesem Preis sollte von Anfang an ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gesetzt werden", sagte Reinhard Grindel in seiner Ansprache im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. Und das nachhaltig – dann nicht nur das Fanprojekt Bochum wird weiter das „anständige Tun“, auch wenn es im Alltag keiner sieht.