Ausschlaggebend für den Wechsel waren sportliche Gründe. „Ich habe mich bei der LGO sehr wohlgefühlt und möchte mich ganz herzlich bei allen im Verein für die gute Zeit bedanken. Allerdings brauche ich, um mich weiter zu verbessern und in der absoluten Weltspitze laufen zu können, optimale Trainingsbedingungen. Die sind in Dortmund leider nicht immer gegeben“, begründet die EM-Dritte über 200 Meter den Wechsel.
Infrastruktur ausschlaggebend
Mit entscheidend für den Wechsel waren das professionelle medizinisch-physiotherapeutische Betreuungskonzept und die hervorragende Infrastruktur in Leverkusen. So befinden sich Stadion und Halle, Physiotrakt sowie der Kraft- und Athletikbereich unmittelbar beieinander. Hinzu kommt, dass der bislang fast nur von den Stabhochspringern genutzte biomechanische Messplatz bald auch für den Beschleunigungsbereich nutzbar sein soll.
Jörn Elberding, langjähriger Stabhochsprung-Bundestrainer und seit September Geschäftsführer der Bayer-Leichtathleten, freut sich über den Wechsel: „Es ist toll, dass sich ein solches Sprint-Juwel wie Gina für uns entschieden hat. Ich glaube, dass wir ihr sehr gute Möglichkeiten bieten können, um sich weiterzuentwickeln.“ Im Sommer hat Gina Lückenkemper ein Stück Sportgeschichte geschrieben. Bei den Weltmeisterschaften in London blieb sie am 5. August als erste deutsche Sprinterin seit 26 Jahren über 100 Meter mit 10,95 Sekunden unter der „magischen“ Elf-Sekunden-Marke. „Diese Zeit ist ein ungemeiner Ansporn für mich. Ich weiß, dass ich noch schneller laufen kann“, sagt Gina Lückenkemper, die am Dienstag 21 Jahre alt wird. Größtes Ziel im Jahr 2018: Die „Heim-EM“ Mitte August in Berlin. „Dort will ich um die Medaillen mitlaufen“, blickt das Sprint-Ass voraus.
Der Mann, der sie zu den 10,95 Sekunden führte, bleibt auch in den kommenden Jahren an ihrer Seite: Uli Kunst wird weiter das Training der Ausnahmesprinterin leiten. Speziell auf den 200 Metern (Bestzeit: 22,67 Sekunden) traut er seinem Schützling noch eine Menge zu: „Irgendwann soll eine 21 bei Gina vor dem Komma stehen. Ob das machbar ist, werden die nächsten zwei, drei Jahre zeigen.“ Die Vereinsrekorde beim TSV Bayer 04 Leverkusen von Silke Lichtenhagen stehen seit mehr als 20 Jahren bei 11,24 bzw. 22,73 Sekunden.
Kompromisse eingegangen
Der Weg zur ersten Zeit unter elf Sekunden war für Gina Lückenkemper im vergangenen Sommer nicht immer einfach. So waren in Dortmund beispielsweise parallel die Helmut-Körnig-Halle und das Stadion Rote Erde geschlossen; beides Trainingsstätten der 20-Jährigen. „Aufgrund der Sportstättensituation musste ich in der WM-Vorbereitung immer wieder ausweichen“, schaut die Sprinterin zurück. Ein weiterer Punkt: Die Helmut-Körnig-Halle wird für etwa ein Jahr aufgrund des Umbaus auf sechs Rundbahnen gar nicht nutzbar sein. Geplante Einweihung nach der Renovierung: 1. Februar 2020.
Jörg Lennardt, Vorsitzender der LG Olympia Dortmund, kann die Argumentation der Sportlerin nachvollziehen: „Der ganze Verein bedauert den Weggang von Gina, schließlich ist sie bei der LGO in die Weltspitze vorgestoßen. Auf der anderen Seite verstehen wir aber, dass sie momentan nach den besten Bedingungen sucht, um ihre Ziele zu verwirklichen. Dafür wünschen wir ihr alles Gute“, so der LGO-Vorsitzende.
Trotz des Weggangs des Aushängeschildes ist sich Jörg Lennardt sicher, dass der Leichtathletik-Standort Dortmund vor einer positiven Zukunft steht: „Die Stadt Dortmund tut sehr viel für die Leichtathletik. Wenn die Renovierung der Körnig-Halle abgeschlossen ist und eine Ausweichmöglichkeit für das Stadion Rote Erde besteht, wird Dortmund so gute Bedingungen für die Leichtathletik bieten wie kaum eine andere Stadt in Deutschland.“
Mit der Leichtathletik begonnen hat Gina Lückenkemper vor zwölf Jahren beim TuS Ampen. 2009 wechselte sie zum LAZ Soest. Dort wurde sie sechs Jahre von Harald Bottin trainiert, der sie bei der U18-WM 2013 zu Platz fünf, bei der U20-WM 2014 zu Platz acht und bei der U20-EM 2015 zum Titel – jeweils über 200 Meter – geführt hat.