Enttäuscht war die 20-Jährige trotz der knappen Niederlage gegen die Staffelpartnerin nicht. „Was gibt’s Besseres als einen deutschen Doppelsieg beim besten deutschen Meeting“, jubelte die WM-Halbfinalistin.
Bis wenige Meter vor dem Ziel sah Gina Lückenkemper auf Bahn vier sogar wie die ISTAF-Siegerin 2017 aus. Doch mit den finalen Schritten zog Lisa Mayer auf Bahn sieben bei leichtem Gegenwind (-0,2 m/sec) noch vorbei und steigerte ihre Bestzeit um elf Hundertstelsekunden: „Ich wollte diese Bestzeit. Denn durch meine Verletzung konnte ich mein wahres Leistungsvermögen in der Saison noch nicht zeigen“, sagte die glückliche Siegerin.
Start klappte nicht nach Wunsch
Obwohl Gina Lückenkemper nach dem 200-Meter-Triumph im Vorjahr ihren zweiten ISTAF-Sieg knapp verpasste, zeigte sie ein starkes Rennen. Speziell in der Beschleunigungsphase spielte die EM-Dritte über 200 Meter ihre Stärken aus. Eine noch bessere Zeit und den möglichen Sieg machte ein schlechter Start zunichte. Mit einer Reaktionszeit im Block von 0,216 Sekunden war Gina Lückenkemper knapp sechs Hundertstel langsamer als Lisa Mayer. Etwas mehr als elf Sekunden später trennten beide lediglich zwei Hundertstel.
Rang drei ging im Berliner Olympiastadion an Desiree Henry (Großbritannien; 11,26 sec). Es folgten Mujinga Kambundji (Schweiz; 11,29 sec) und Hallenweltmeisterin Barbara Pierre (USA; 11,31 sec). Kurios: Die schnellste Zeit des Nachmittags erzielte die Siegerin des ersten Zeitlaufs. Weitsprung-Olympiasiegerin Tianna Bartoletta (USA) lief im von der Papierform schlechter besetzten Rennen starke 11,04 Sekunden und wurde parallel zum A-Finale über 100 Meter mit 6,55 Metern Weitsprung-Sechste.
Beim krönenden Abschluss des 76. ISTAF spielten Gina Lückenkemper und Lisa Mayer zusammen mit Alexandra Burghardt (MTG Mannheim) und Rebekka Haase (LV90 Erzgebirge) die Hauptrolle. Über 4x100 Meter setzte sich die deutsche 4x100-Meter-Staffel mit Saisonbestzeit von 42,17 Sekunden deutlich gegen die USA (43,07 sec) und die Schweizer Sprinterinnen (43,37 sec) durch.
42.500 Fans feiern deutsche Staffel
„Wir hatten alle Spaß, das hat das Publikum gemerkt und der Funken ist übergesprungen. Eine solche Zeit zum Saisonausklang zu laufen, ist krass und macht Lust auf 2018“, freute sich Gina Lückenkemper gemeinsam mit ihren Staffelpartnerinnen. Lediglich etwas verhaltene Wechsel verhinderten eine noch bessere Zeit. „Nächstes Jahr wollen wir in diesem Stadion zeigen, dass wir noch schneller laufen können“, sagte Schlussläuferin Rebekka Haase und spielte damit auf die EM vom 7.-12. August 2018 im Olympiastadion an.
Dann wird Startläuferin Alexandra Burghardt allerdings auf ein ganz spezielles Erlebnis verzichten müssen. Sie sprintete in der Kurve unter der „Fanbrücke“ hindurch. Die ISTAF-Macher hatten diese über die Bahn gebaut, vom „Balkon“ aus konnten Dutzende Fans die Weltklasseathleten hautnah und aus einer ganz neuen Perspektive erleben. „Das war völlig verrückt“, beschrieb Alexandra Burghardt die einmalige Erfahrung.
Vor einer neuen Erfahrung steht auch Gina Lückenkemper. Denn bei ihrem letzten Saisonwettkampf wird die erste deutsche „Sub-11-Sprinterin“ nach 26 Jahren erstmals über 30 Meter starten. Bei „Berlin fliegt“ am kommenden Samstag vor dem Brandenburger Tor (Eintritt frei) stehen vier Rennen über diese Kurzdistanz auf dem Programm. Beim Sechs-Ländervergleich sammeln die Sprinterinnen Punkte für ihr Team. Als weitere Disziplinen gehen Stabhochsprung der Männer und Weitsprung der Frauen in die Nationenwertung ein.
Amanal Petros fand nicht den richtigen Tritt
Keinen guten Tag erwischte Amanal Petros am Sonntag beim ISTAF in Berlin. Im Olympiastadion fand der Langstreckler vom SV Brackwede über 5.000 Meter nicht ins Rennen und musste sich mit 14:11,40 Minuten und Rang 17 begnügen. Obwohl er schon bei Rennhälfte den Anschluss ans Feld verloren hatte, bedankte er sich für die Unterstützung der 42.500 Leichtathletik-Fans im Olympiastadion und applaudierte beim Zieleinlauf Richtung Haupttribüne. Der Sieg ging in einer Spurtentscheidung an den gebürtigen Äthiopier Birhanu Balew (Bahrain) in 13:11,00 Minuten. Bester Deutscher war mit Saisonbestzeit von 13:13,46 Minuten der Friedrichshafener Richard Ringer auf Platz fünf.
„Ich war Anfang der Woche ein wenig erkältet. Wahrscheinlich steckte die doch noch in meinem Körper“, sagte Amanal Petros. Trotzdem war es für den Schützling von Thomas Heidbreder eine wichtige Erfahrung, erstmals beim größten deutschen Leichtathletik-Meeting zu starten. Ohnehin hatte der 22-Jährige bei der U23-EM in Bydgoszcz mit Silber (10.000 m) und Rang vier (5.000 m) sein Saisonziel bereits Mitte Juli erfüllt. In der EM-Saison 2018 wird sich der Langstreckler noch intensiver aufs Training konzentrieren können. Am 4. September beginnt er seine Grundausbildung bei der Sportfördergruppe in Hannover. Sind die sechs Wochen erfolgreich überstanden, können sich Sportsoldaten voll auf Training und Wettkämpfe konzentrieren.
Aus Westfalen starteten in Berlin noch die beiden Wattenscheider Julian Reus und Erik Balnuweit. Julian Reus blieb mit 10,34 Sekunden deutlich über seiner Saisonbestzeit von 10,10 Sekunden und musste sich mit dem achten Rang begnügen. Sein Teamkollege Erik Balnuweit kam über 110m-Hürden in 13,70 Sekunden (Saisonbestzeit 13,53 sec) ebenfalls auf Platz acht.