Enkel von BVB-Legende Wolfgang Paul läuft über 800 Meter allen davon

Westfalenmeister ohne jegliches Leichtathletik-Training zu werden, das schafft nicht jeder. Phil Mehn (LG Warstein-Rüthen) gelang diese bemerkenswerte Leistung bei den westfälischen U16-Meisterschaften in Paderborn, als er den 800 Meter-Lauf der Klasse M14 nach einem starken Finish in 2:07,44 Minuten für sich entschied.

Im Ziel bestätigte der 14-Jährige: „Ich habe den Titel ohne spezielle Vorbereitung gewonnen, denn ich habe gar keine Zeit, zum Leichtathletik-Training zu gehen. Ich spiele nämlich noch Fußball bei Borussia Dortmund, und da bin ich voll eingespannt.“

Bereits bei den westfälischen Hallenmeisterschaften am 1. März in Paderborn gelang Phil Mehn ein ähnlicher Überraschungscoup, als er im 800 Meter-Lauf der Klasse M14 in 2:10,44 Minuten allen die Fersen zeigte – ebenfalls ohne Leichtathletik-Training. Schon 2017 verblüffte der damals 13-Jährige, als er auf dem Schoren-Sportplatz in Warstein über 800 Meter mit starken 2:08,70 Minuten eine neue deutsche Jahresbestleistung in seiner Altersklasse aufstellte. Bei dieser erstklassigen Vorstellung blieb er gleich sechs (!) Sekunden unter seinem damaligen Hausrekord.

Opa Paul schrieb deutsche Fußball-Geschichte

Wer ohne Lauf-Training so schnell ist, muss ein großes Leichtahletik-Talent sein, doch über kurz oder lang wird Phil Mehn der olympischen Sportart wahrscheinlich den Rücken kehren, denn sein Herz schlägt in erster Line für den Fußball. Diese Begeisterung kommt nicht von ungefähr, denn sein Großvater Wolfgang Paul (inzwischen 78 Jahre) führte die legendäre Mannschaft von Borussia Dortmund als Kapitän an, die 1965/66 den Europapokal der Pokalsieger gewann – und damit als erste deutsche Mannschaft überhaupt einen internationalen Titel erringen konnte. Als Abwehrorganisator kickte er von 1961 bis 1970 für die Schwarz-Gelben und gehörte zum DFB-Aufgebot bei der WM 1966 in England. Auch Phils Vater Ulrich Mehn ist leidenschaftlicher Fußballer, jagt noch mit 50 Jahren in der Mannschaft des SuS Ostereiden dem runden Leder nach und engagiert sich als 1. Vorsitzender in seinem Verein.

Phil Mehn begann bereits im zarten Alter von vier Jahren mit dem Fußballspielen. Die Leichtathletik-Begeisterung entflammte in ihm, als er seine Schwester Ruby, die inzwischen zu den besten westfälischen Nachwuchs-Mittelstrecklerinnen zählt, bei einem Sportfest in Geseke anfeuerte. Als er sich die verschiedenen Wettbewerbe anschaute, meinte er im Brustton der Überzeugung: „Da kann ich auch noch mithalten.“

Den Worten ließ der ehrgeizige Nachwuchs-Kicker, der mit seinem Vater von Langenstraße nach Geseke geradelt war, sofort Taten folgen. Er lieh sich Trikot und Laufhose und zeigte über 800 Meter in 2:14,28 Minuten allen die Fersen. Dabei legte er die ersten 400 Meter in der für einen Debütanten atemberaubenden Zeit von 58 Sekunden zurück. Dass Mehn so schnell auf der Zwei-Runden-Distanz ist, verdankt er seinem außergewöhnlichen Talent und natürlich auch dem Fußball, beim er ein intensives Grundlagentraining absolviert. Der hoffnungsvolle Nachwuchskicker spielt in der U15 des BVB 09 vornehmlich auf der Sechser-Position und muss da ganz schön viel laufen. Der C-Jugendliche verfügt über eine bemerkenswerte Ausdauer, sodass er nahezu alle Spiele konditionell gut durchsteht und nur bei einer Verletzung ausgewechselt werden muss.

Sein Großvater Wolfgang Paul, der bis vor kurzem noch ein Uhrengeschäft in Bigge betrieb, verfolgt mit großem Interesse die Entwicklung seiner vier Enkelkinder Ruby, Phil, Jesper und Eike. Alle treiben begeistert und erfolgreich Sport, doch die Fußball-Legende der 1960er Jahre hält sich mit klugen Ratschlägen vornehm zurück. Die Entscheidung für den Fußball ist bei Phil Mehn ohnehin schon gefallen, denn was der BVB seinen Nachwuchskickern bietet, ist enorm. So war Phil zu Beginn der Sommerferien mit der U14 der Schwarz-Gelben bei einem Nachwuchsturnier in Orlando (US-Bundesstaat Florida) und lernte dort neben dem Sport auch Land und Leute kennen.

Schulische Ausbildung kommt nicht zu kurz

Bei Dortmund achtet man zudem genau darauf, dass bei den Youngsters trotz ihrer großen sportlichen Ambitionen die Schule nicht zu kurz kommt. So musste Phil Mehn wie seine Mannschaftskollegen zum Schuljahresende seinem Trainer sein Zeugnis vorlegen. Bei Defiziten hätte er einen kostenlosen Nachhilfe-Unterricht durch den Verein erhalten, denn nicht jeder hoffnungsvolle Nachwuchsspieler schafft es, später einmal das große Geld zu verdienen.

Phil Mehn, der im neuen Schuljahr die neunte Klasse des Friedrich-Spee-Gymnasiums besucht, brauchte diesen Service allerdings noch nicht in Anspruch zu nehmen. Den Fahrservice des BVB, der ihn von Langenstraße zum Training nach Dortmund bringt, nutzt er dagegen viermal in der Woche. Interessant ist, dass auch Phils Schwester Ruby nicht nur eine gute Leichtathletin ist, sondern gleichzeitig auch beim FSV Gütersloh 2009 erfolgreich Fußball spielt. Fußball und Leichtathletik – bei dieser Kombination können sich die Beiden im Fußball- und Leichtathletik Verband Westfalen (FLVW) richtig austoben.