Ein erster Schritt auf der Karriereleiter

Die Blicke richten sich geschlossen nach vorne, als Sören Störks aus dem Kreis Recklinghausen das Wort ergreift. Gewohnt lässig referiert der DFB-Schiedsrichter der 2. Fußball-Bundesliga und Assistent der Bundesliga über seine persönlichen Eindrücke und seine Motivation – und beantwortet zudem geduldig alle Fragen, die seinen Zuhörern auf dem Herzen liegen. Für den turnusmäßigen Schiedsrichter-Nachwuchslehrgang im Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) war Sören Storks der ideale Gast: Schließlich schaffte er innerhalb von nur zehn Jahren den Sprung auf die ganz große Fußball-Bühne.

Doch es war nicht nur der Velener, der diesem Lehrgang die passende Note gab. Es wurde diskutiert, gepaukt und praktisch geübt – und letztlich waren die Teilnehmer und die Lehrgangsleitung hochzufrieden. „Ich muss den jungen Schiedsrichtern für ihre Disziplin ein großes Lob aussprechen. Sie sind sehr wissbegierig und bringen sich sinnvoll ein“, hatte Mario Schleicher (Kreis Hagen) bereits am zweiten Tag betont. Schleicher hat gemeinsam mit Swen Klotzsche (Kreis Warstein) und Marcel Neuer (Kreis Gelsenkirchen) die Leitung des Lehrgangs inne.

Insgesamt 29 Nachwuchsschiedsrichter hatte der FLVW für knapp vier Tage im Rahmen der Herbstferien ins SportCentrum Kamen•Kaiserau geladen. Die Teilnehmer legten neben mehreren Regeltests auch eine Laufprüfung ab, wurden mit Videospielszenen aus dem Profifußball für den Alltag im Amateurfußball sensibilisiert und konnten das theoretische Wissen bei praktischen Übungen sofort anwenden. „Diese Tage waren intensiv, aber sehr lehrreich“, resümierte etwa der 16-jährige Yannick Rupert aus dem Kreis Dortmund. „Mir persönlich hat es sehr viel Spaß gemacht.“

Entscheidend ist auf dem Platz

Der Nachwuchslehrgang im Herbst hat sich inzwischen zu einer echten Marke entwickelt – für die Kreise und für den Verband selbst. Fast 30 Jahre lang nahmen Peter Müller und Hans Voß in ihrer unerkennbaren Art und Weise die jungen Schiedsrichter unter ihre Fittiche, ehe sie die Leitung vor Jahresfrist in jüngere Hände gaben. Sie haben eine Ära geprägt – und tun dies eigentlich noch immer. So weilte Müller etwa den Organisationstreffen im Vorfeld bei und reiste am zweiten Tag persönlich nach Kaiserau, um mit den Jung-Referees praktische Regelkunde zu üben. Hier waren die Schiedsrichter die Protagonisten: Sie stellten im Kollektiv mehrere Spielszenen dar – etwa korrektes Rempeln oder gefährliches Spiel. Eine Übung aus der Feder Müllers, die sich bereits seit mehreren Jahren bewährt hat. „Die Mischung macht's bei so einem Lehrgang“, fasste Swen Klotzsche treffend zusammen. „Wir können vorne ohne Ende referieren – am Ende des Tages ist das Geschehen auf dem Platz entscheidend.“ Die Schiedsrichter jedenfalls nahmen die praktische Übung gerne an. „Es ist effektiver, korrektes Rempeln am eigenen Körper als auf Videoszenen zu bewerten“, erklärte Teilnehmer Yannick Rupert.

Kleine Talentschmiede des FLVW

Der Nachwuchslehrgang ist noch immer eine Art Talentschmiede im westfälischen Schiedsrichterwesen. 80 Prozent aller Teilnehmer hätten es mindestens bis in die Landesliga geschafft, schätzt Peter Müller – ein Großteil sogar noch höher. Das allerdings ist vorerst Zukunftsmusik: Denn für viele Nachwuchsreferees ist dieser Lehrgang der erste wirkliche Berührungspunkt mit dem Verband. „Das Lernniveau ist in diesen durchgeplanten und intensiven Tagen natürlich deutlich höher als bei jeder Schulung im Kreis“, sagt Marcel Neuer. „Wir wollen die Schiedsrichter dort abholen, wo sie ihr Kreis schon hingebracht hat.“ Auch deshalb hebt Peter Müller immer wieder hervor: „Wer zum Wochenlehrgang nach Kaiserau kommt, ist im ersten Schritt schon ein Auserwählter. Der Kreis setzt auf diese Schiedsrichter und sieht langfristig eine Perspektive.“ Der Lehrgang habe durch seine Konzeption eine hohe Motivationskraft. Das sieht auch der Verband so: Immerhin ist der Nachwuchslehrgang ist seiner Form der teuerste Lehrgang im Jahr – für die Sichtung von Talenten jedoch unerlässlich.

Chance für junge Schiedsrichter

Der Ball liegt dann wieder bei den Schiedsrichtern selbst. „Sie müssen diese Chance wahrnehmen und den Lehrgang für sich nutzen“, sagt Mario Schleicher – und zwar durch konstruktive und gute Mitarbeit, Regelsicherheit und angenehmes Sozialverhalten. Wer überzeugend agiert, darf auf ein Probespiel in der Senioren-Bezirksliga hoffen. Für viele ein Ansporn – aber auch nicht mehr. Schließlich pfeifen auch nicht alle 29 Unparteiischen in der gleichen Spielklasse. „Die Teilnehmer müssen hier als Team agieren. Die höchste Liga des Einzelnen spielt vorerst keine Rolle“, betont Swen Klotzsche.

Auch für das Trio in der Leitung ist der Lehrgang eine dankbare Ergänzung zum fußballerischen Alltag. „Wir sind drei sehr unterschiedliche Typen, verstehen und ergänzen uns aber sehr gut. Obwohl wir oft verschiedene Ansichten haben, entscheiden wir oft im Konsens.“ Klotzsche und Schleicher waren selbst jahrelang an der Pfeife und zählen heute zum Beobachterstab. Der 31-jährige Marcel Neuer leitet selbst noch Partien bis zur Oberliga – so stimmt die Mischung auch in der Lehrgangsleitung.

Die Teilnehmer beim diesjährigen Nachwuchslehrgang:

Jannik Kleideiter (Ahaus-Coesfeld), Emil Sumper (Bielefeld), Tobias Krüger (Dortmund), Yannick Rupert (Dortmund), Oliver Brotzki (Gelsenkirchen), Eric Timmer (Gelsenkirchen), Jonas Krieftewirth (Gütersloh), Daniel Wiens (Gütersloh), Jonas Hunold (Hagen), Ubeydullah Calik (Herne), Justus Rehermann (Höxter),  David Wagener (Iserlohn), Justin Grob (Lemgo), Maximilian Spies (Lippstadt), Christian Kemper (Münster), Lasse Lütke-Kappenberg (Münster), Alim Karagülle (Olpe), Rocco Funk (Paderborn), Jan Fetter (Paderborn), Jonas Fischbach (Siegen-Wittgenstein), Nico Thielmann (Siegen-Wittgenstein), Milon Miah (Soest), Jost Fröbrich (Steinfurt), Hendrik Schürmann (Steinfurt), Till Kauschke (Tecklenburg), Hendrik Roth (Tecklenburg), Niklas Erkeling (Unna-Hamm), Robert Peick (Unna-Hamm).