Dr. Ralph Schomaker rät Läufern bei Corona-Gefahr zur Besonnenheit

Die Verunsicherung durch das Coronavirus SARS CoV-2 ist in Deutschland groß – auch bei Läuferinnen und Läufern sowie bei Laufveranstaltern. Dr. Ralph Schomaker sprach am Montag beim Laufseminar des Münster-Marathon e.V. im Konferenzraum der Westfälischen Nachrichten in Münster daher das aktuelle Thema an und warnte vor Panikmache, denn die Ansteckungsgefahr im Alltag sei zurzeit noch sehr gering. Wesentlich gefährlicher sei, dass aufgrund der Panikkäufe in Krankenhäusern und Arztpraxen Desinfektionsmittel und Schutzkleidung fehle.

"Die Hysterie geht inzwischen soweit, dass unter anderem ein Mann Angst hatte, er hätte sich mit Corona angesteckt, weil seine Freundin in einem China-Restaurant gegessen hatte", berichtete der Rennarzt des Volksbank-Münster-Marathons.

"Coronavirus-Epidemien sind in den zurückliegenden Jahren in Deutschland immer wieder vorgekommen und unsere Gesundheitsbehörden und unser Gesundheitssystem sind darauf eingestellt, dürfen aber nicht durch unnötige Nachfragen und Untersuchungen übermäßig belastet werden", betonte Dr. Schomaker (mehr auf FLVW.de).

Einfache Regeln beachten

Das Virus steht erst seit Januar im Fokus der Wissenschaft und bisher ist noch wenig bekannt. Gemäß einer am 24. Februar 2020 im JAMA (weltweit anerkannte medizinische Fachzeitschrit) veröffentlichen Studie, bei der 72.314 Erkrankte erfasst wurden, haben 81 Prozent von ihnen einen milden Verlauf, der vielfach problemlos in häuslicher Eigenquarantäne behandelt werden kann. 14 Prozent der Erkrankten haben schwere Verläufe, unter anderem mit Lungenentzündungen. Fünf Prozent der Erkrankten gelangen in einen kritischen, nicht selten beatmungspflichtigen Zustand. Die Haupterkrankungsgruppe liegt im Alter zwischen 30 und 79 Jahren. Besonders gefährdet sind Personen mit Vorerkrankungen (Diabetes, Herz- und Lungenprobleme) und einer zu starken Beanspruchung des Immunsystems – zum Beispiel bei einer Krebsbehandlung. Auch bei Schwangeren und Säuglingen unter vier Wochen kann das Virus gefährlich werden. Lediglich ein Prozent der Erkrankten ist zwischen 10 und 19 Jahren alt. Kinder scheinen fast gar vom Coronarvirus betroffen zu sein.

Nach ersten groben Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt die Sterblichkeit für an Corona SARS CoV-2 Erkrankten bei 0,7 bis 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Beim Grippe-Virus beträgt sie 0,1 bis 0,2 Prozent . "Allerdings müssen alle Zahlen mit einem großen Fragezeichen versehen werden, weil zurzeit noch zu wenig Datenmaterial vorliegt", unterstrich Dr. Ralph Schomaker.

Bei Fieber kein Training oder Wettkampf

Nach Aussagen (WHO) und des Robert-Koch-Instituts beginnt die Eindämmung bei jedem Einzelnen. Dazu zählen eine Husten- und Niesetikette sowie eine gewissenhafte Handhygiene. Zudem sollte man möglichst einen langandauernden Kontakt zu Mitmenschen auf engem Raum vermeiden. Bei einem Abstand von zwei Metern ist das Infektionsrisiko gleich Null.

Wichtig ist, dass sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus durch die getroffenen Maßnahmen reduziert. So soll ein Zeitfenster geschaffen werden, damit die Gefährdung durch das Coronavirus nicht mit dem Höhepunkt der allgemeinen Grippe-Welle (Influenza) zusammentrifft. Gleichzeitig gewinnt man so Zeit, für die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs.

Viele Sport- und Laufveranstalter sehen sich zurzeit mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Veranstaltung durchführen oder absagen sollen. Dr. Schomaker rät auch ihnen, kühlen Kopf zu bewahren: „Bei Laufveranstaltungen im Freien gibt es eigentlich überhaupt kein Problem, weil man meist einen Abstand von zwei Metern zu seinen Mitläuferinnen und Mitläufern hat. Wenn dann einer hustet, ist das auch nicht schlimm, weil es kein geschlossener Raum ist. Lediglich im Start- und Zielbereich, wenn alle zusammenstehen, gibt es geringes Infektionsrisiko", erläuterte Dr. Schomaker. Seiner Meinung nach müssen Laufveranstaltungen im Freien nicht abgesagt werden, weil die Gefährdung der Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht größer ist als bei der alljährlichen Grippewelle.

Laufveranstalter sollen sich mit örtlichen Behörden in Verbindung setzen

Falls sich ein Veranstalter im Vorfeld nicht sicher ist, ob er eine Veranstaltung durchführen kann, sollte er sich möglichst zeitnah mit den örtlichen Behörden in Verbindung setzen, denn es muss die Veranstalter-Haftung abgeklärt werden. Bei der Absage aufgrund behördlicher Verfügung liegt höhere Gewalt vor und der Veranstalter ist aus dem Schneider. Falls er selbst die Initiative ergreift, bleibt er wahrscheinlich auf seinen Kosten sitzen. Für einen Verein bzw. eine Agentur kann das eventuell den finanziellen Super-Gau bedeuten. Das Problem: In Deutschland gibt es allerdings zurzeit noch keine behördlichen Vorgaben zu Kriterien einer möglichen Absage von Großveranstaltungen.

Läuferinnen und Läufer werden bei Atemwegsinfekten ohne Rachenabstrich nicht feststellen können, welcher Erreger bei ihnen vorliegt. Dr. Ralph Schomaker rät daher allen Läuferinnen und Läufern: "Bei milden Symptomen ohne Luftnot, Kurzatmigkeit, Fieber etc. einer oberen Atemwegsinfektion, sollte möglichst zeitnah ein Rachenabstrich auf Corona SARS CoV-2 durchgeführt werden. Um bei einem Praxisbesuch nicht weitere Mitmenschen anzustecken, sollte ein nicht erkrankter Angehörige nach vorherigem Anruf ein Abstrichröhrchen aus der Praxis des Hausarztes für einen Abstrich beschaffen. Danach sollte das eingetütete Röhrchen von diesem Angehörigen wieder in die Hausarztpraxis gebracht werden. Ein Ergebnis ist binnen 24 Stunden zu erwarten. Bis dahin sollte man daheim bleiben."

Ganz wichtig: Wer Fieber hat, sollte jede körperliche Anstrengung meiden, das heißt auch: Kein Training, kein Wettkampf. Nach der Erkrankung sollte man sich schonen. Als Faustregel zur Festlegung der Länge einer Sportpause gilt: Pro Tag mit Fieber (über 38,0°C) sollte man eine einwöchige Trainings- und Wettkampfpause einlegen. Zwei Tage mit erhöhter Temperatur bedeuten somit zwei Wochen Laufverbot usw. Nach erfolgter Sportpause sollte man möglichst moderat das Training wieder aufnehmen und recht vorsichtig mit Tempoläufen sein. Wer sich nicht an diese Ratschläge hält, geht das Risiko ein, sich eine Herzmuskelentzündung zuzuziehen – und die kann tödlich enden.

Weitere Laufseminare

Das Laufseminar fand im Vorfeld des Volksbank-Münster-Marathon am 20. September 2020 statt. Dr. Schomaker und sein Team haben wieder ein interessantes Programm aus gesundheits- und trainingsrelevanten Themen rund um das Thema Laufsport zusammengestellt. Weitere Seminar-Termine findet man auf der Homepage des Volksbank-Münster-Marathons.